Blog der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft

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Für alle Beiträge behält sich die Deutsche Gemmologische Gesellschaft (Deutsche Gesellschaft für Edelsteinkunde) e.V. sämtliche Rechte vor, insbesondere die des Nachdrucks, der Übersetzung in andere Sprachen und der photomechanischen Wiedergabe. Die veröffentlichten Beiträge stellen – soweit namentlich bezeichnet – die Auffassung der Autoren dar und geben nicht notwendig die Meinung von Herausgeber und Schriftleitung wieder. (Content of this journal may not be reproduced in any form without the permission of the German Gemmological Association. Opinions expressed do not necessarily reflect the views of the Association.)

Beryll 1 mit Logo Zeichenfläche 1Abb. 1: Der in diesem Beitrag beschriebene Beryllkristall. Foto: Q. Wang, DGemG. Sammlung: Kreis Jewellery GmbH & Co. KG, Niederwörresbach.Zu den spektakulärsten Einschlüssen bei der mikroskopischen Untersuchung gehören zweifellos Mehrphaseneinschlüsse mit beweglichen Blasen, zum Teil sogar beweglichen Festkörpern. Mit bloßem Auge sind solche Flüssigkeitseinschlüsse nur selten zu beobachten, bekannt sind sie als „Einschlusskristalle“ insbesondere von Quarzen. Jedoch beschrieb bereits Roedder (1986) passend im berühmten Bildatlas der Einschlüsse von Gübelin & Koivula:

„Auf jeden grossen derartigen Einschluss aber entfallen in der Natur ungezählte Milliarden sehr kleine fluide Einschlüsse, die nur unter dem Mikroskop sichtbar sind.“

Kürzlich jedoch hatten die Autoren die Möglichkeit einen besonders spektakulären Aquamarinkristall (Abb. 1) mit einem sehr großen Mehrphaseneinschluss zu untersuchen. Der Kristall, der aus Marambaia, Brasilien stammen soll, wurde den Autoren Ende September während der Intergem von Alexander Kreis (Kreis Jewellery GmbH & Co. KG, Niederwörresbach) vorgeführt. Bei dem Aquamarin-Kristall (Abb. 1) handelt es sich um ein transparentes, intensiv grünlich-blaues hexagonales Prisma, welches am oberen Ende auskristallisiert ist. Häufig sind Beryllkristalle von einem abschließenden Basispinakoid begrenzt, der hier beschriebene Kristall zeigt jedoch gut auskristallisierte „Kopfflächen“ (Prismen- und Pyramidenflächen). Auf den hexagonalen Prismenflächen ist eine deutliche Längsstreifung zu beobachten, wie es ebenfalls für Beryllkristalle typisch ist. Der Kristall misst 119,1 x 29,1 x 21,9 mm und wiegt 155,77 g.

Spektakulär macht den Kristall hingegen der große Mehrphaseneinschluss in der unteren Hälfte (siehe Abb. 1 und 2). Es handelt sich dabei um einen länglichen Hohlraum parallel zur c-Achse, der seinen Ursprung an einer Wachstumsebene hat und nach oben hin spitz zuläuft. Der Hohlraum selbst misst etwa 52 x 19,5 mm, die bewegliche Blase hat eine Längserstreckung von fast 10 mm und kann durch den gesamten Hohlraum bewegt werden. Ein Video hiervon kann hier aufgerufen werden. Da der Hohlraum am unteren Ende breiter ist, kann die Blase mit etwas Fingerspitzengefühl auch geteilt werden. Neben der Blase ist im Hohlraum selbst auch eine feste Substanz zu beobachten, die ebenfalls beweglich ist. Aufgrund der auffälligen Längsstreifung konnte diese jedoch weder im Foto noch im Video aufgenommen werden. Hinter dem großen Hohlraum ist zudem noch ein kleinerer Mehrphaseneinschluss, ebenfalls mit beweglicher Blase, vorhanden.

Ein anderer Beryllkristall mit großem Mehrphaseneinschluss wurde kürzlich von Laurs (2020) beschrieben. In seinem Beitrag weist Laurs auf eine Arbeit von Kesler et al. (2013) hin, die die wahrscheinlich erste Erwähnung von Beryllkristallen mit solchen Einschlüssen darstellt. Diese geht zurück auf Albert Magnus, einen deutschen mittelalterlichen Schriftsteller und Erzbischof von Köln, der in seinem Buch „de mineralibus“ (lateinisch) eine Notiz zu Flüssigkeitseinschlüssen in Beryll hinterlässt. Diese übersetzte uns Prof. H. A. Gilg von der Technischen Universität München freundlicherweise wie folgt ins deutsche:

„Der Beryll ist ein glänzender, durchsichtiger, blasser Stein. Und wie wir vorher schon sagten, wenn er gedreht wird, sieht man in ihm Wasser sich bewegen. […] die beste [Varietät] soll die blassere sein, die mehr Wassertropfen hat, die man in ihm sieht.“

Tatsächlich konnte die Flüssigkeit in dem hier beschriebenen Kristall mittels Ramanspektroskopie als Wasser bestimmt werden. Die Messung in der Gasblase hingegen ergab kein Signal.

Berylle bilden sich insbesondere in granitischen Pegmatiten. Flüssigkeitseinschlüsse sind häufig zu beobachten, insbesondere auch längliche Zweiphaseneinschlüsse, die parallel zur c-Achse orientiert sind. Sunagawa & Urano (2000), sowie Sunagawa (2005) schreiben ihre Entstehung einer Wechselfolge von Kristallwachstums- – Ätzungs-/Auflösungs- – Kristallwachstumsphasen zu, verursacht durch variierende Zufuhr und Zusammensetzung der pegmatitischen Restschmelzen. Wird das Wachstum in Richtung der c-Achse dabei blockiert, beispielsweise durch andere wachsende Kristalle, bilden sich hinter diesen Partikeln längliche Flüssigkeitseinschlüsse in denen die Restschmelze eingeschlossen wird. Beim Abkühlen verliert diese an Volumen, wodurch sich die Blase als „Schrumpfblase“ bilden kann.

Für den Sammler ist der hier beschriebene Kristall für sich schon eine Besonderheit, der Mehrphaseneinschluss hingegen macht ihn zu einem absoluten Einzelstück. Auch wenn die gesamte obere Hälfte des Kristall von schleifwürdiger Qualität ist, soll der Kristall glücklicherweise im natürlichen Zustand belassen werden.

 

Beryll 2 mit Logo Zeichenfläche 1Abb. 2: Aufnahme des Mehrphaseneinschlusses. Oben links sind dessen Umrisse skizziert. Foto: T. Stephan, DGemG.

 

Autoren

Dr. Tom Stephan, DGemG & Stefan Müller, M.Sc., DSEF
© 2023

 

Literatur

Kesler, S. E., Bodnar, R. J. & Mernagh, T. P. (2013): Role of fluid and melt inclusion studies in geologic research.- Geofluids 13, 4, 398-404.

Laurs, B. M. (2020): Aquamarine Crystal with ‘Enhydro‘ Inclusion from Brazil.- J. Gemmol. 37, 3, 235-237.

Roedder, E. (1986): Die Entstehung der fluiden Einschlüsse in Edelsteinen.- in: Gübelin, E. J. & Koivula, J. I. (1986): Bildatlas der Einschlüsse in Edelsteinen.- ABC Verlag, Zürich, Schweiz.

Sunagawa, I. (2005): Crystals: Growth, Morphology and Perfection.- Cambridge University Press, New York, USA, 295 ff.

Sunagawa, I. & Urano, A. (2000): Beryl crystals from pegmatites: Morphology and mechanism of crystal growth.- J. Gemmol. 26, 1, 521-533.

 

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