Als Schmuckstein wurde Prehnit bereits 1860 von dem deutschen Mineralogen Karl Emil Kluge in seinem „Handbuch der Edelsteinkunde“ erwähnt, wobei auch diverse Vorkommen angegeben werden, u.a. in Österreich, der Schweiz, Norwegen, Deutschland (Reichenbach bei Oberstein), Schottland, USA und am Kap der Guten Hoffnung in Südafrika. „Da der Prehnit eine schöne Politur annimmt, so wird er bisweilen als Schmuckstein verschliffen.“ bemerkt Kluge neben der Beschreibung des Minerals.
„Der Prehnit wird zuweilen seiner schönen gelblichgrünen, der des Chrysolith ähnlichen Farbe wegen geschliffen, hat aber keine umfangreiche Verwendung.“ So schreibt Max Bauer in seiner zweiten Auflage der „Edelsteinkunde“ im Jahr 1909. Chrysolith ist bekanntlich eine alte Bezeichnung für Peridot bzw. Olivin. Darauf und auf ein Vorkommen in Südafrika „am Kap der Guten Hoffnung“ bezieht sich auch die frühere Verwendung der Bezeichnung „Kapchrysolith“. Ein weiterer früherer Name ist „Kapsmaragd“, der ebenfalls auf dieses Vorkommen zurückzuführen ist, sowie auf die grüne Farbe.
Alte Bezeichnungen für das Mineral sind auch Aedelit, Chiltonit, Coupholit und Edelit.
Die Verwendung von Prehnit als Schmuckstein ist über die Jahre gestiegen, speziell seit in Australien in der zweiten Hälfte des 20 Jahrhunderts die für Material in Edelsteinqualität ergiebigen Vorkommen bei Wave Hill in den Northern Territories abgebaut werden. Weiterhin wurde in Mali in Westafrika in den frühen 1990er Jahren, sowie in Tansania in den Merelani Hills Material in Schmucksteinqualität entdeckt.
Prehnit ist ein wasserhaltiges Calcium-Aluminium-Silikat mit der chemischen Formel Ca2Al[(OH)2ǀAlSi3O10] und kristallisiert orthorhombisch als Übergangsstruktur zwischen Ketten- und Schichtsilikat (Strunz & Nickel, 2001). Der Name stammt von Werner (1789) nach dem holländischen Oberst Prehn, der das Mineral vom Kap der Guten Hoffnung mitbrachte.
Prehnit besitzt eine deutliche Spaltbarkeit nach (001) und bildet tafelige bis prismatische Kristalle. Häufig sind jedoch blättrige, faserige, fächerförmige bis strahlige oder traubige bis kugelige (botryoidale) Mineral-Aggregate (Abb. 1), die in Hohlräumen vulkanischer Gesteine auftreten. Diese sind zumeist durchscheinend, seltener durchsichtig grünlich, hellgrün bis grün, gelblich-grün oder bräunlich-grün, gelblich-braun bis braun.
Die Härte beträgt 6 bis 6½ und die Dichte 2,80 bis 2,95 g/cm3. Lichtbrechung und maximale Doppelbrechung betragen nx = 1,610 - 1,637, ny = 1,615 - 1,647, nz = 1,632 - 1,673 und Δn = 0,020 - 0,036 (Henn et al., 2020); die Höhe der Werte ist abhängig vom Eisengehalt (Tröger, 1971; Phillips & Griffen, 1981; Deer et al., 2009), d.h. je mehr Eisen das Aluminium im Kristallgitter ersetzt, desto höher sind die Lichtbrechungsindizes, maximale Doppelbrechung und Dichte. Seltene Prehnit-Katzenaugen sind grünlich-gelb bis bräunlich-gelb und kommen aus Australien. Ursächlich für den optischen Effekt ist die parallelfaserige Textur der Mineralaggregate.
Als Schmucksteine werden in erster Linie die gelblichen bis gelblich-grünen durchscheinenden bis fast durchsichtigen faserigen Aggregate zumeist als Cabochons geschliffen, können aber auch facettiert werden (Abb. 2). Eine breite Verwendung findet das Material auch für Gravuren, kleine Ziergegenstände und -figuren, kunstgewerbliche Gegenstände und Ketten. Undurchsichtiges grünes Material kann jade-ähnlich sein und wird gelegentlich im Handel als „Japanische Jade“ bezeichnet. Für gelblich-grüne Steine aus Australien existiert auch die Handelsmarke „SunJade“.
Bernard & Hyrsl (2015) beschreiben Prehnit als typisches Produkt auto-metamorpher Prozesse in basischen Gesteinen, basischen Gängen und entsilifizierten Pegmatiten sowie in alpinen Klüften und unter Bedingungen metamorpher Zeolithfazies.
Die Typ-Lokalität, d.h. das Vorkommen, wo das Mineral erstmals gefunden und nach dem es auch benannt wurde ist Cradock, Eastern Cape Province, South Africa.
Wichtige Vorkommen von Prehnit in Schmucksteinqualität befinden sich in Australien (Fetherston et al., 2013). In New South Wales werden in jurassischen vulkanischen Gesteinen z.B. bei Garawilla nahe Gunnedah im Oxley Basin Prehnit-Stalaktite bis 9 cm Größe angetroffen und attraktive botryoidale Aggregate bis 40 cm Größe bei Prospect nahe Sydney. Bedeutend für schleifwürdiges Material sind die Basalte im Wave Hill Gebiet im Northern Territory. Die sogenannten Antrim Plateau Volcanics bedecken ein großes Gebiet entlang der Staatsgrenze in der östlichen Kimberley Region. Die Basaltdecken des unteren Kambriums sind 20 bis 60 m, maximal 200 m mächtig und bedecken ein Gebiet von 35.000 km2. Wichtige Fundpunkte befinden sich im Gebiet von Flora Valley sowie in der Coolgardie Region und Paraburdoo Region.
Seit den frühen 1990er Jahren kommen Prehnite in Schmucksteinqualität aus dem westafrikanischen Staat Mali und werden meist zu Kugeln, Cabochons und Gravuren verarbeitet. Bei genügender Transparenz können auch facettierte Steine geschliffen werden.
Für die Schmuckbranche sind weiterhin die Prehnite aus Tansania von Interesse. Die Vorkommen befinden sich in den Merelani Hills, wo hellgrüne bis gelblich-grüne, aber auch leuchtend gelbe botryoidale Aggregate zusammen mit Zoisit und Chromdiopsid angetroffen werden (Cairncross, 2019). Eine Besonderheit sind blaue Prehnite, die zusammen mit Tansanit vorkommen.
Weitere in der Literatur (siehe u.a. Bank, 1975; Bernard & Hyrsl, 2015) erwähnte Vorkommen befinden sich in China (Qiaojia, Zhaotung District), Frankreich (Savoyen und Pyrenäen), Indien (Poona), Italien (Fassertal, Seiser Alm), Norwegen (Arendal), Österreich (Tirol, Kärnten), Schottland, Schweiz (St. Gotthard) und den USA (Bergen Hill und Paterson in New Jersey).
Interessante und auch historisch bedeutende Vorkommen von Prehnit befinden sich in Deutschland. Hierzu gehört z.B. die schon von Kluge (1860) erwähnte Lokalität Reichenbach bei Idar-Oberstein sowie der Andesit-Steinbruch Riegel & Thomas in der Schönlautenbach in Idar-Oberstein (Abb. 3). Bekannte Vorkommen sind auch Rauschermühle bei Niederkirchen in der Pfalz (Diorite) sowie Diabas-Steinbrüche in Hartenrod und Steinperf (z.B. Trautvetter, Abb. 4) in Mittelhessen.
Die Prehnite aus dem Raum Idar-Oberstein, d.h. von Reichenbach (Abb. 5) und aus dem Steinbruch Riegel & Thomas in der Schönlautenbach (Abb. 6) besitzen die typische Ausbildung in Form von gelblich-grünen botryoidalen Aggregaten und sind zum Teil schleifwürdig.
Eine Beschreibung der Prehnite aus dem Raum Idar-Oberstein stammt von Leyser aus dem Jahr 1948. Die Vorkommen in Mittelhessen wurden von Weiß (1990) aufgeführt und beschrieben, Informationen zu den Prehniten von Rauschermühle finden sich bei Hofmeister & v. Platen (1990).
In den deutschen Fundstellen findet sich auch Material in Schmucksteinqualität, das bisher gemmologisch kaum untersucht wurde. Daher wurden für diesen Beitrag geschliffene Prehnite aus dem Steinbruch Riegel & Thomas in Idar-Oberstein und Exemplare aus Hartenrod (Abb. 7) und Steinperf (Abb. 8) in Hessen untersucht und die Ergebnisse mit kommerziell wichtigem Material aus Australien und Tansania verglichen. Untersucht wurde eine Serie von facettiert geschliffenen Steinen sowie angeschliffenen Proben aus den Sammlungen der Deutschen Gemmologische Gesellschaft e.V. sowie der Firma Werner Wild e.K. in Idar-Oberstein.
Lichtbrechung, Doppelbrechung und Dichte
Die Messung der für die gemmologische Bestimmung wichtigen Werte der Lichtbrechung, maximalen Doppelbrechung und Dichte ergab bei gelben bis gelbgrünen, durchscheinenden Prehniten in Schmuckqualität aus Australien und Tansania folgende Variationsbereiche:
nx = 1,612 – 1,618
ny = 1,618 – 1,624
nz = 1,637 – 1,647
Δn = 0,025 – 0,029
D = 2,83 – 2,93 g/cm3
Die untersuchten Proben aus den deutschen Vorkommen Reichenbach bei Idar-Oberstein, Steinbruch Riegel & Thomas in der Schönlautenbach in Idar-Oberstein und Hartenrod in Hessen besitzen Werte im gleichen Variationsbereich.
Die mit der Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA) bestimmten Eisengehalte variieren zwischen 0,1 und 1,65 Gew.-% Fe2O3 und korrelieren mit steigender Lichtbrechung, maximaler Doppelbrechung und Dichte.
Höhere Werte von nx = 1,622, ny = 1,631, nz = 1,659, Δn = 0,037 und D = 2,98 g/cm3 wurden bei einem grünen Prehnit aus dem Steinbruch Trautvetter, Steinperf in Hessen, bestimmt. Ursächlich für die höheren Werte ist ein Eisengehalt von 5,05 Gew.-% Fe2O3. Guo & Koch (2017, pers. Komm.) analysierten bei einer Probe mit ähnlichen Werten der Lichtbrechung, maximalen Doppelbrechung und Dichte einen Eisengehalt von 6,7 Gew.-% Fe2O3.
In vielen Fällen sind die Lichtbrechungsindizes aufgrund der polykristallinen, faserigen Textur mit dem gemmologischen Standardrefraktometer nicht eindeutig ablesbar und eine nur schwache, verschwommene Schattengrenze im mittleren Lichtbrechungsbereich bei ca. 1,625 bis 1,635 erkennbar (Liddicoat, 1989).
Farbursache
Die typisch gelblich-grüne Farbe von Prehnit wird durch dreiwertiges Eisen verursacht. Im Absorptionsspektrum (Abb. 9) sind 2 Banden von Fe3+ mit Maxima im Orange (Maximum bei 630 nm) und Blau (Maximum 430 nm) vorhanden (vgl. Narasimha Reddy et al., 2001). Hierdurch entsteht eine breite Transmission im gelblich-grünen Spektralbereich.
Bei gelbem Prehnit ist die Fe3+-Absorptionsbande im Blau nur als Schulter ausgebildet und eine weitere Absorptionsschulter liegt im Grün (Maximum bei 510 nm). Letztere ist auf zweiwertiges Eisen zurückzuführen (vgl. Narasimha Reddy et al., 2001). Die relativ kontinuierlich ansteigende Absorption im Grün hin zum blauen und violetten Spektralbereich ist somit ursächlich für eine daraus resultierende Gelbfärbung der Steine.
Innere Merkmale
Die polykristalline, faserige Textur ist ein wichtiges, vom Vorkommen unabhängiges Erkennungsmerkmal von Prehnit und zumeist bereits mit dem bloßen Auge sichtbar (vgl. Abb. 2, rechter Stein). Deutlich sind die Strukturen mit der Lupe oder dem Mikroskop erkennbar. Die Fasern können mehr oder weniger parallel verlaufen (Abb. 10), was bei sehr dichten Einlagerungen einen Katzenaugeneffekt erzeugen kann, oder in verschiedenen Richtungen, z.T. büschelförmig angeordnet sein (Abb. 11 und 12).
Senkrecht zu den Fasern bzw. Faserbüscheln zeigt sich eine mosaikartige Struktur (Abb. 13 und 14). Ein weiteres Kennzeichen von Prehnit ist die charakteristische traubige bis kugelige (botryoidale) Textur (Abb. 15).
Autoren
Dr. Ulrich Henn, DGemG, unter Mitarbeit von Benjamin Huaysan, M.Sc., DSEF
© 2021
Literatur
Bank, H. (1975): Gelblich-grünlicher durchsichtiger Prehnit aus Australien.- Z. Dt. Gemmol. Ges. 24, 4-7.
Bauer, M. (1909): Edelsteinkunde.- 2. Aufl., Leipzig, Chr. Herm. Tauchnitz.
Bernard, J. H. & Hyrsl, J. (2015): Minerals and their localities.- 3rd ed., Finidr, Czech Republic, Granit.
Cairncross, B. (2019): Minerals & Gemstones of East Africa.- Cape Town, Struik Nature.
Deer, W. A., Howie, R. A. & Zussman, J. (2009): Rock-Forming Minerals. Vol. 34B: Layered Silicates Excluding Micas and Clay Minerals.- 2nd Ed., London, The Geological Society.
Fetherston, J. M., Stocklmayer, S. M. & Stocklmayer, V. C. (2013): Gemstones of Western Australia.- Mineral Resources Bulletin 25, Geological Survey of Western Australia and Gemmological Association of Australia.
Henn, U., Stephan, T. & Milisenda, C. C. (2020): Gemmologische Tabellen.- 4. Aufl., Idar-Oberstein, Deutsche Gemmologische Gesellschaft e.V.
Hofmeister, W. & von Platen, H. (1990): Hydrothermale Mineralisationen in subvulkanischen basischen Lagergängen des Saar-Nahe-Gebietes.- Mitt. Pollichia 77, 147-156.
Kluge, K. E. (1860): Handbuch der Edelsteinkunde.- Leipzig, Brockhaus, https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10283958_00007.html
Leyser, R. (1948): Prehnite in der Umgebung von Idar-Oberstein.- Achat, Vol. 1., Nr. 11, pp. 250.
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Narasimha Reddy, S., Rao, P. S., Ravikuma, R. V. S. S. & Reddy, B. J. (2001): EPMA, Optical, EPR and IR spectral studies of prehnite mineral.- Indian J. Phys. 75A, 4, 429-432.
Phillips, W. R. & Griffen, D. T. (1981): Optical Mineralogy – The Nonopaque Minerals.- San Francisco, Freeman and Company.
Strunz, H. & Nickel, E. H. (2001): Strunz Mineralogical Tables.- 9th ed., Stuttgart, E. Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung.
Tröger, W. E. (1971): Optische Bestimmung der gesteinsbildenden Minerale.- 4. Aufl. Bambauer, H. U., Taborszky, F. & Trochim, H. D., Stuttgart, E.Schweizerbart`sche Verlagsbuchhandlung.
Weiß, S. (1990): Mineralfundstellen Atlas Deutschland West.- München, Christian Weise Verlag.