Blog der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft

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Abb. 1: Der in diesem Beitrag beschriebene sechstrahlige Sternstein (2,01 Ct).

Kürzlich hatte der Verfasser die Möglichkeit einen ungewöhnlichen gelblich-braunen Edelstein mit sechstrahligem Stern zu untersuchen. Der Stein war als Cabochon geschliffen, auf der Rückseite war jedoch eine Fläche plan angeschliffen, auf der die Lichtbrechungsindizes mit einem klassischen Refraktometer gemessen werden konnten. In zwei Richtungen war der Stern sehr deutlich zu erkennen, in der dritten Richtung relativ schwach (Abb. 1). Der Stein wurde von Martin P. Steinbach (Steinbach Gems with a Star) zur Verfügung gestellt. Er ist ihm -mit einem zugehörigen Gutachten- als Sternkornerupin angeboten worden, jedoch bestanden Zweifel an der Identität.

Kornerupin ist ein komplexes borhaltiges Silikat mit der chemischen Formel (□,Mg,Fe2+)Al4(Mg3Al2)[O4|(OH,O)|Si2O7|(Si(Al,B)Si)Σ3O10] (STRUNZ & NICKEL, 2001) und kristallisiert orthorhombisch. Kornerupin-Katzenaugen sind insbesondere aus Sri Lanka bekannt, ursächlich für das optische Phänomen der Chatoyance sind parallel zueinander orientiert eingelagerte Hohlkanäle (MILISENDA, 2005). Sternkornerupine sind sehr selten. In der gemmologischen Literatur wurde ein solches Exemplar bisher nur von WEBSTER (1975) erwähnt, spätere Literaturangaben beziehen sich ausschließlich auf diese Beschreibung (STEINBACH, 2016). Darüber hinaus berichtet STEINBACH (2016) von vereinzelten mündlichen Berichten, sowie von einem Exemplar, das ihm 2005 auf einer Messe angeboten wurde.

Ein Spot-Reading auf der gewölbten Seite des unbekannten Sternsteins ergab einen Brechungsindex von n = ca. 1,670-1,680, was im Schwankungsbereich für Kornerupin liegt. Dank der anpolierten Fläche auf der Rückseite konnten auch genaue Lichtbrechungsindizes gemessen werden: nx = 1,669, ny = 1,674, nz = 1,680, optisch zweiachsig positiv, mit einer maximalen Doppelbrechung von 0,011. Die Dichte wurde mittels hydrostatischer Wägung mit D = 3,27 g/cm3 bestimmt.
Diese Werte liegen zwar weitestgehend im bekannten Schwankungsbereich für Kornerupin, jedoch ist dieser zweiachsig negativ. Auch die maximale Doppelbrechung ist etwas zu gering.

Im Abgleich mit der gemmologischen Tabelle jedoch stimmen die gemessenen Werte mit Enstatit überein. Die Daten von Enstatit und Kornerupin sind in Tabelle 1 im Vergleich dargestellt. Zusätzlich ist für Enstatit eine deutliche Linie im Grün bei 506 nm beschrieben, die mit dem Handspektroskop beobachtet werden konnte, sowie eine zweite Linie bei etwa 545 nm. Das mit dem Handspektroskop beobachtete Absorptionsspektrum ist in Abbildung 2 dargestellt, im Vergleich zu einem Absorptionsspektrum für einen Kornerupin in ähnlicher Farbe. In letzterem ist ebenfalls eine schwache Linie im Grün bei etwa 503 nm zu beobachten, welche aber bei Enstatit deutlich stärker ist. Zusätzlich sind die entsprechenden, mit einem Laborspektrometer gemessenen Absorptionsspektren gezeigt.
Zur zweifelsfreien Bestätigung wurde der Sternstein auch mittels Ramanspektroskopie untersucht, womit der Befund „Enstatit“ bestätigt werden konnte.


Tabelle 1: Brechungsindizes, maximale Doppelbrechung und Dichte von Enstatit und Kornerupin im Vergleich (aus HENN & STEPHAN, 2020):

   n maximale Doppelbrechung Dichte (g/cm3)
Enstatit nx = 1,652-1,678
ny = 1,654-1,680
nz = 1,662-1,690
0,010-0,012

optisch zweiachsig positiv
3,23-3,28
Kornerupin nx = 1,660-1,671
ny = 1,673-1,683
nz = 1,675-1,684
0,013-0,015

optisch zweiachsig negativ
3,20-3,45


Enstatit gehört zur Pyroxen-Gruppe, eine geologisch wichtige Gruppe dunkler, gesteinsbildender Minerale, die eng mit den Amphibolen verwandt sind. Nach den Feldspäten sind Pyroxene die häufigsten Bestandteile quarzarmer magmatischer Gesteine wie Gabbros, Basalte, etc. Die Pyroxene sind eine Gruppe von Mineralen mit ausgeprägter Mischkristallbildung. In Abhängigkeit ihrer Struktur unterscheidet man die Orthopyroxene (orthorhombisch) und die Klinopyroxene (monoklin). Enstatite kristallisieren orthorhombisch, unter speziellen Druck- und Temperaturbedingungen bildet sich jedoch eine monokline Modifikation, der sogenannte Klinoenstatit. Chemisch sind Enstatite das Mg-Endglied (Mg2Si2O6) der Enstatit-Ferrosilit-Mischkristallreihe [(Mg,Fe)2Si2O6), wobei Ferrosilit das Fe-Endglied ist (Fe2Si2O6). Früher wurden diese Mischkristalle je nach chemischer Zusammensetzung weiter unterteilt in Enstatit, Bronzit, Hypersthen, Ferrohypersthen, Eulit und (Ortho-)Ferrosilit (OKRUSCH & MATTHES, 2014).

 

 

abb5Abb. 2: Vergleich der Absorptionsspektren des beschriebenen Sternenstatits und eines Kornerupins in ähnlicher Farbe aus der Sammlung der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft e.V. Die Linie bei etwa 503 nm ist im Spektrum der Kornerupin-Referenzprobe absichtlich schwächer eingezeichnet, da diese im Vergleich zu Enstatit sehr schwach ausgeprägt ist.

 

Als Edelsteine sind Enstatite seltener anzutreffen. Sie treten in schleifbaren Qualitäten insbesondere in grünen, gelblich-grünen, bräunlich-grünen, grünlich-grauen, gelblich-braunen und bräunlich-pinken Farben auf. Auch Sternenstatite sind bekannt und beschrieben (z.B. EPPLER, 1967; HENN & BANK, 1991). Als Ursache für den Asterismus werden kristallographisch orientierte nadelige Einschlüsse angegeben, welche GÜBELIN & KOIVULA (2008) als Rutilnadeln und/oder faserige Sillimanite bestimmten. SCHMITZ et al. (2016) beschrieben darüber hinaus einen Enstatit aus Norwegen mit vierstrahligem Stern, in welchem Ilmenit-Leisten als Ursache des Sterneffekts bestimmt werden konnten.
Auch im für diesen Beitrag untersuchten Exemplar konnten kristallographisch orientierte nadelige Einschlüsse als Ursache für den Asterismus beobachtet werden, welche in zwei Richtungen sehr deutlich, in der dritten Richtung hingegen schwächer ausgeprägt waren. Dieser Umstand erklärt den schwächeren dritten Strahl.

 

enstatit combined 01Abb. 3 und 4: Diese nadeligen Einschlüsse verursachen den Asterismus im beschriebenen Sternenstatit (Durchlicht, in Immersion, x32 bzw. x50). Deutlich erkennbar ist, dass die Nadeln in zwei Richtungen sehr deutlich ausgeprägt sind, in der dritten Richtung schwächer, weshalb einer der Strahlen nur undeutlich zu beobachten ist.

 

Die hier beschriebene Verwechslung verdeutlicht die Notwendigkeit einer genauen und systematischen gemmologischen Untersuchung. Es ist durchaus denkbar, dass die Fläche auf der Rückseite des Sternenstatits anpoliert wurde, um diesen mit dem Refraktometer zu identifizieren. Wie aus Tabelle 1 ersichtlich liegt der Unterschied zwischen beiden insbesondere im unterschiedlichen optischen Charakter, weshalb eine sehr genaue Messung notwendig ist.
Zum anderen verdeutlicht die Verwechslung die Bedeutung der weiterführenden Untersuchungsgeräte, insbesondere der Ramanspektroskopie, mit welcher solche Verwechslungen ohne großen analytischen Aufwand auszuschließen sind.

 

Autor

Dr. Tom Stephan, DGemG
© 2022

 

Literatur

EPPLER, W. F. (1967): Star-Diopside and Star-Enstatite.- J. Gemm. 10, 185-188.
GÜBELIN, E. J. & KOIVULA, J. I. (2008): Photoatlas of Inclusions in Gemstones, Volume 3.- Basel, Opinio Publishers.
HENN, U. & BANK, H. (1991): Sternbronzit aus Sri Lanka.- Z. Dt. Gemmol. Ges. 40, 2/3, 145-148.
HENN, U. & STEPHAN, T. (2020): Gemmologische Tabellen zur Bestimmung von Edelsteinen, Synthesen, künstlichen Produkten und Imitationen.- 4. Aufl., Eigenverlag, Idar-Oberstein.
MILISENDA, C. C. (2005): Gemmologie Aktuell: Kornerupin-Katzenauge aus Sri Lanka.- Z. Dt. Gemmol. Ges. 54, 2/3, 67-68.
OKRUSCH, M. & MATTHES, S. (2014): Mineralogie – Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde.- 9. Aufl., Berlin, Springer-Verlag.
SCHMITZ, F., STEPHAN, T. & MÜLLER, S. (2016): Enstatit mit Sterneffekt aus Süd-West-Norwegen.- Z. Dt. Gemmol. Ges. 65, 1/2, 23-30.
STEINBACH, M. P. (2016): Asterism. Gems with a star.- MPS Publishing and Media, Idar-Oberstein, Germany.
STRUNZ, H. & NICKEL, E. H. (2001): Mineralogical Tables.- 9th ed., Stuttgart, E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung.
WEBSTER, R. (1975): Gems.- 3rd ed., Butterworth, London-Bosten.

 

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