Blog der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft

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Herausgeber: 
Deutsche Gemmologische Gesellschaft e.V.
Prof.-Schlossmacher-Str. 1
D-55743 Idar-Oberstein

 

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Für alle Beiträge behält sich die Deutsche Gemmologische Gesellschaft (Deutsche Gesellschaft für Edelsteinkunde) e.V. sämtliche Rechte vor, insbesondere die des Nachdrucks, der Übersetzung in andere Sprachen und der photomechanischen Wiedergabe. Die veröffentlichten Beiträge stellen – soweit namentlich bezeichnet – die Auffassung der Autoren dar und geben nicht notwendig die Meinung von Herausgeber und Schriftleitung wieder. (Content of this journal may not be reproduced in any form without the permission of the German Gemmological Association. Opinions expressed do not necessarily reflect the views of the Association.)

In diesem Jahr feiert das Ausbildungszentrum der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft e.V. sein 50jähriges Bestehen. Im Rahmen der Vorbereitungen auf dieses Jubiläum nutzten wir die Gelegenheit, mit vielen Alumni wieder in Kontakt zu treten – und ihre Kommentare und Geschichten bestätigen, wie wichtig ihre Zeit bei der DGemG hier in Idar-Oberstein für ihre berufliche Zukunft war. Über die nächsten Wochen und Monate werden wir die mit ihnen geführten Interviews über unseren Blog teilen, um angehenden Gemmologinnen und Gemmologen zu zeigen, wie vielfältig die beruflichen Möglichkeiten in der Schmuck- und Edelsteinbranche sind.

H.Drabarczyk Foto Blog Hochkant

Meine Ausbildung bei der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft (DGemG)

Ich habe die Ausbildung bei der DGemG im Frühjahr 2020 begonnen – im Rahmen meiner Vorbereitungen, das Familienunternehmen Juwelier J.C. Osthues in Münster zu übernehmen. Unser Haus ist seit jeher der Haute Joaillerie verpflichtet. Das bedeutet: Unsere Schmuckstücke definieren sich nahezu ausschließlich über den Edelstein – in Masse, Größe, Seltenheit und im Ausdruck purer Substanz.

Ich arbeite täglich mit Edelsteinen. Und wer mit etwas arbeitet, trägt Verantwortung. Für mich war es ein Muss, Steine nicht nur zu handeln, sondern sie ganzheitlich zu verstehen. Ihre Entstehung, ihre physikalischen Eigenschaften, ihre Besonderheiten – ich wollte nicht nur wissen, was ich sehe, sondern warum ich es sehe.

Ich wollte Fachfrau werden. Eine Gemmologin. Denn das Vertrauen unserer Kundinnen und Kunden basiert auf Expertise – und diese kann ich nur vermitteln, wenn ich mein Handwerk in der Tiefe beherrsche. In unserer Branche verkaufen wir nicht nur Wert, wir verkaufen vor allem Wahrheit. Ich war nicht bereit, diese Wahrheit nur zu wiederholen – ich wollte sie prüfen können.

Ich habe den Vollzeitbildungsgang belegt: Edelsteinkunde, Perlen und organische Substanzen, sowie Diamantenkunde. Von Mai bis September 2020 – mitten in der Frühphase der Corona-Pandemie.

Mein schönstes Erlebnis in Idar-Oberstein

Aufgrund von Corona war die Stadt leer, die Klassen klein, die Tische zwei Meter voneinander entfernt – doch für mich war es trotzdem eine ganz besondere Zeit. Ich war angekommen an einem Ort, der als Herzstück der internationalen Edelsteinwelt gilt. In einer Stadt, die äußerlich Patina trägt, aber im Innern noch immer den Takt vorgibt. Idar-Oberstein ist kein offensichtliches Schmuckstück, hat aber viel zu bieten.

Ich hatte das Glück, bei einem pensionierten Ehepaar zu wohnen, das selbst jahrzehntelang in der Branche tätig war. Unsere Gespräche waren lehrreich und voller Respekt für unser Handwerk. Es war das erste Mal, dass ich mich ganz in einem Umfeld bewegte, das ausschließlich aus Fachleuten bestand – Menschen, die fortan zu meinem beruflichen Kreis gehören würden.

In meiner Freizeit habe ich das Beste aus der Umgebung gemacht. Das Wetter war in den Monaten wirklich gut – oft sonnig, nicht zu heiß. Ideal, um nach stundenlangem Mikroskopieren den Kopf freizubekommen. Ich war viel draußen unterwegs. Der Hunsrück hat mich überrascht – landschaftlich abwechslungsreich, ruhig, fast ein bisschen verwunschen. Perfekt für Spaziergänge, kleine Wanderungen und Momente, in denen man einfach mal durchatmet.

Idar-Oberstein selbst ist ein Ort voller Gegensätze. Auf den ersten Blick wirkt die Stadt etwas in die Jahre gekommen – aber wenn man sich darauf einlässt, entdeckt man zwischen Felsenkirche und Edelsteinmuseum doch den ganz eigenen Charme dieser traditionsreichen Region. Man spürt, dass hier ein Handwerk zu Hause ist, das über Generationen gewachsen ist. Ich habe in dieser Zeit viele kleine Ecken entdeckt – lokale Cafés und Restaurants wo man nach 2-mal sitzen zum inner circle gehört, den Wochenmarkt, ein tolles Naturbad.

Mein persönlicher „Geheimtipp“: Herrstein. Ein malerisches Fachwerkdorf mit einem tollen Café – ideal, um sich nach einem langen Spaziergang ein Glas Wein zu gönnen. Überhaupt: Rheinland-Pfalz ist Weinland. Es gibt wunderbare regionale Weine, die man direkt vom Winzer bekommt. Das hat dem Ganzen eine fast südliche Leichtigkeit gegeben.

An freien Tagen habe ich auch Ausflüge gemacht – Trier natürlich, mit seinem römischen Erbe und der schönen Altstadt. Mainz, lebendig und urban, war ebenfalls gut erreichbar, genau wie Bad Kreuznach mit seinen Thermalquellen und netten Restaurants. Ich erinnere mich an Nachmittage auf kleinen Weingütern, an Abende, an denen wir in kleinen Gruppen zusammensaßen.

Und ich habe eine Freundin gefunden – aus einer Kommilitonin wurde ein Mensch, mit dem ich noch heute in Kontakt bin. Wir sehen uns auf Messen, sie arbeitet inzwischen bei Bucherer. Diese Verbindung hat die Ausbildung für mich noch einmal menschlich geadelt.

 

Was mir an der Ausbildung besonders gefallen hat

Edelsteine zu studieren bedeutet, die Welt in ihrer Substanz zu begreifen. Ich hatte wenig Berührungspunkte mit Physik und Chemie – aber durch die Gemmologie haben sich mir diese Disziplinen plötzlich erschlossen. Lichtverhalten, Brechungsindex, Doppelbrechung, Dispersion – all das begegnet uns im Alltag, oft unbemerkt. In der Edelsteinbestimmung wird daraus ein Handwerk.

Besonders begeistert hat mich die detektivische Präzision, die das Identifizieren von Steinen erfordert. Es ist wie ein Rätsel, das sich nur durch Akribie, Konzentration und ein tiefes Verständnis lösen lässt. Das kann auch eine Herausforderung sein,- wer einmal in der „Korund-Woche“ war, weiß, was ich meine.

Die intensive Beschäftigung mit dem Mikroskop, die geduldige Schulung der Sinne, das genaue Beobachten – all das hatte für mich fast meditativen Charakter. Die langen Mittagspausen, das Arbeiten im eigenen Tempo, das Lernen mit Tiefe: Es war intellektueller Luxus. Mein Dank gilt Herrn Stephan und dem gesamten Team – das Wissen, das sie vermitteln, ist beeindruckend, die Art der Vermittlung sympathisch und motivierend.

 

Was ich gelernt habe und täglich anwende

Nach der Ausbildung habe ich mein eigenes gemmologisches Labor im Haus Osthues neu aufgesetzt. Das alte Refraktometer meines Vaters habe ich ersetzt, ein Mikroskop nach meinen Bedürfnissen angeschafft. Heute arbeite ich täglich mit dem Gelernten.

„Ist der Stein echt?“ – Das ist wohl die häufigste Frage, die mir gestellt wird. Und ich kann sie beantworten. Mal auf den ersten Blick, mal nach tiefer Analyse. Manchmal bin ich sofort sicher – manchmal kehre ich gedanklich zurück nach Idar-Oberstein und arbeite mich durch das gesamte Repertoire. Ich liebe das. Es ist Konzentration, es ist Handwerk – und es ist mein Beitrag zur Integrität unseres Hauses.

 

Hat die Ausbildung mein Leben beeinflusst?

Unbedingt. Die Ausbildung hat mir das Selbstbewusstsein gegeben, meine Rolle als Unternehmerin und Fachfrau authentisch auszufüllen. Ohne sie hätte ich mich in meinem Beruf nicht glaubwürdig gefühlt – vielleicht sogar fehl am Platz. Heute weiß ich, wovon ich spreche, wenn ich über Steine rede. Ich bin keine „Trägerin eines Titels“, sondern jemand, der ihn mit Substanz füllt.

 

Was ich heute beruflich mache

Ich bin Inhaberin von Juwelier J.C. Osthues in Münster. Ich habe im April 2024 das Geschäft von meinem Vater übernommen – als erste Frau an der Spitze unseres Hauses. Die Nachfolge war nicht nur ein Generationswechsel, sondern eine bewusste Fortführung unserer Werte in einer neuen Zeit. Ich stehe für Kontinuität in Haltung und Wandel in Perspektive.

 

Mein Lieblingsedelstein

Ich kann mich nicht entscheiden. Der Padparadscha – diese Farbe zwischen Lotus und Sonnenuntergang – fasziniert mich. Der Spinell mit seinen satten Tönen, seiner oft unterschätzten Schönheit. Der Paraiba-Turmalin mit seiner Herkunftsgeschichte zwischen Brasilien, Nigeria und den Bewegungen der Erdplatten – das ist Geologie mit Drama.

Und die Granat-Gruppe hat es mir schon immer angetan. Almandin, Rhodolith, Tsavorit, Demantoid – diese Vielfalt an Farben und Geschichten ist ein Schatz für sich.

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