Blog der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft

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Abb 2 2Die klassischen Turmaline: Verdelith (12,15 ct), Rubellit (1,61 ct) und Indigolith (1,22 ct). Fotos: T. Stephan, DGemG.

 

Turmalin – Teil I: Die Klassiker – Verdelith, Rubellit & Indigolith

Turmaline gehören nicht zu den klassischen Edelsteinen, die namentlich schon in der Antike bekannt waren und als solche schon frühzeitig ihre Bedeutung als Schmucksteine gewannen. Man kann davon ausgehen, dass das Mineral schon in frühen Kulturen bekannt war, aber hinsichtlich Kristallform, Farbe und weiterer Eigenschaften anderen, geläufigen Steinarten zugeordnet wurde.

Beispielhaft hierfür ist der „Smaragdus Bresilicus“, der von dem Schweizer Naturforscher Conrad Gesner 1565 erwähnt wurde, bei dem es sich jedoch aufgrund der ersten Abbildung und Beschreibung nicht um einen „Brasilianischen Smaragd“, sondern „nur“ um einen grünen Turmalin handeln kann. Andere Quellen unterscheiden zwischen dem echten „Orientalischen Smaragd“ und dem „Occidentalischen Smaragd“, dem grünen Turmalin aus Südamerika, der angeblich schon im 17. Jahrhundert von Jesuiten in einer Mine in Brasilien gewonnen wurde.

 

Abb. 3TS Hohlkanäle Topas Katzenaugen x40 Fov5.34mm logo Zeichenfläche 1Turmalin (Szepter), Pederneira Mine, Sao Jose da Safira, Minas Gerais, Brasilien. Foto: Hartmut Meyer, Sammlung Ingrid und Reinhard Balzer Stiftung, Mineralogisches Museum Marburg.

 

Im Mittelalter wurden rote Edelsteine als Karfunkelsteine bezeichnet, speziell Granat, Spinell und Rubin. Es ist naheliegend, dass darunter auch rote Turmaline fielen und analog den roten Spinellen und roten Granaten später als „Rubine“ angesehen wurden. Ein Beispiel hierfür ist der „Sibirische Rubin“, der im 18. Jahrhundert, zu Zeiten Katharina der Großen, berühmt wurde. Es handelte sich um rote Turmaline aus Vorkommen im Ural, die im Zuge der Erschließung Sibiriens durch die russische Zarin entdeckt wurden.

Der Name Turmalin stammt von dem singhalesischen Wort turmali bzw. turamali ab und bedeutet bunter bzw. roter oder brauner Stein. 1703 sollen holländische Seefahrer diesen Edelstein aus Ostindien und zwar von Ceylon mitgebracht und ihn Turmalin oder Turmale bezeichnet haben. Gehandelt wurden die Turmaline aus Sri Lanka häufig auch unter der Bezeichnung „pierre de ceylon“.

Eine alte, weniger geläufige Bezeichung war „Aschentrekker“. Diese Bezeichnung geht darauf zurück, dass die holländischen Seefahrer feststellten, dass viele Turmalinkristalle heiße Aschepartikel wie Magneten anziehen. 1766 wurde die Bezeichnung latinisiert zu „zeolithus vitreus electricus“.

 

 Abb. 3TS Hohlkanäle Topas Katzenaugen x40 Fov5.34mm logo Zeichenfläche 1Die Usakos Turmalin-Mine, Namibia. Foto: U. Henn, DGemG.

 

Noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fanden Turmaline bei den Schleifern und Edelsteinkaufleuten in der Region Idar-Oberstein kaum Beachtung. Es waren die brasilianischen rosafarbenen Steine mit grüner Kruste, die zur damaligen Zeit zu hart zum Schleifen waren. Mit den Lieferungen von Amethysten und Bergkristallen sowie Topasen und Beryllen aus Brasilien entwickelte sich die Farbsteinschleiferei (Lapiderie) und man lernte schnell auch im Vergleich zu Achat härtere Edelsteine zu bearbeiten.

Zur Jahrhundertwende kamen dann grüne Turmaline in Mode, die in erster Linie aus der Todo Mundo Mine stammen. Todo Mundo heißt „die ganze Welt“ und der Minenname entstand, da jedermann hier Turmaline finden konnte, während in anderen Minen nur wenige Steinsucher erfolgreich waren.

In kurzer Zeit wurden eine ganze Reihe weiterer Vorkommen in Brasilien entdeckt, die neben grünen auch rosafarbene Turmaline lieferten. Die Erschließung bedeutender Vorkommen, speziell im Bundesstaat Minas Gerais erfolgte in den 1950er bis 1970er Jahren (z.B. Cruzeiro, Golconda, Jonas, Santa Rosa) und unterstreicht die große Bedeutung des südamerikanischen Landes als Lieferant feiner Turmaline für die Edelstein- und Schmuckbranche.

Ende des 19. Jahrhunderts wurden die amerikanischen Turmalinvorkommen im Bundesstaat Maine erschlossen und rote Exemplare aus Süd-Kalifornien gelten noch heute als mit die Besten weltweit.

Abb. 3TS Hohlkanäle Topas Katzenaugen x40 Fov5.34mm logo Zeichenfläche 1Turmalin-Querschnitt (Madagaskar) mit ausgeprägter Farbzonierung. 9,9x8,8 cm, Foto: T. Stephan, DGemG, Sammlung Julius Petsch jr., Idar-Oberstein.

 

Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die ersten Turmaline im heutigen Namibia entdeckt und in den 1930er Jahren kamen blaugrüne, petrolfarbene Exemplare hinzu, die im Handel später als afrikanische Turmaline berühmt wurden. Intensiv blaue Steine wurden bei Karibib auf dem Areal der Farm Neuschwaben gefunden und sind als „Neuschwaben-Turmaline“ weltweit bekannt.

1911 erfolgten Turmalinfunde in Madagaskar, die dann neben den brasilianischen Steinen den europäischen Markt prägten. In den 1970er Jahren kamen dann vermehrt mehrfarbige Exemplare in den Handel, die als attraktive Querschnitte für großes Interesse sorgten. Auch im heutigen Afghanistan sind Edelsteinvorkommen schon seit Jahrhunderten bekannt, eine kommerzielle Erschließung der Vorkommen rosafarbener und roter sowie grüner Turmaline in Nuristan erfolgte jedoch erst in den 1970er Jahren.

Weitere Vorkommen von Turmalinen in Schmuckqualität befinden sich in Tansania, Mosambik und Nigeria, sowie dem Kongo. In Europa befinden sich für Sammler interessante Fundstellen auf der Mittelmeerinsel Elba, nach der auch der Name für das häufigste Turmalinmineral in Edelsteinqualität, Elbait, gegeben wurde.

Für die klassischen grünen, roten und blauen Turmaline wurden schon früh eigene Varietätsnamen eingeführt, die auch im Edelstein- und Schmuckhandel mitunter gebräuchlich sind. Die Bezeichnung Verdelith für grüne Turmaline stammt aus dem Französischen von vert = grün und wird meist für die klassischen eisengefärbten grünen Exemplare verwendet.

Vom lateinischen rubellos = rötlich leitet sich die Varietätsbezeichnung Rubellit ab. Der bereits 1794 eingeführte Name wird im Edelsteinhandel in der Regel nur für solche Steine verwendet, die sowohl im Tageslicht als auch im künstlichen Licht eine attraktive rote Farbe aufweisen. Ursächlich für das Farbenspektrum von rosa über pink zu rot ist Mangan.

Als Indigolith werden blaue, eisengefärbte Turmaline bezeichnet. Der Name wurde bereits 1800 nach dem Farbstoff Indigo gebräuchlich.

In allen Vorkommen werden in der Regel auch mehrfarbige Turmaline angetroffen. Meist sind es Zonierungen in grünen und roten Farben. Exemplare mit einem roten Kern und grüner Rinde nennt man Wassermelonen (Watermelons). Attraktive Querschnitte kommen von Madagaskar, aber auch aus Brasilien, Namibia und Tansania.

Einer der berühmtesten Funde ist die 325 kg schwere Stufe aus der Jonas Mine in Brasilien mit dem Namen „Joninha“ (= kleiner Jonas, Sohn des Minenbesitzers und Edelsteinhändlers Jonas Lima) mit zwei riesigen Rubellitkristallen von 50x25 und 25x30 cm Größe. Aus der Nevel Mine in Maine, USA stammt der 4,84 kg schwere grüne Turmalinkristall mit dem Namen „Jolly Green Giant“. „The Rose of Asia“ ist ein 19 kg schwerer, 38 cm großer roter Turmalinkristall, der in Afghanistan gefunden wurde. Der wohl älteste bearbeitete Turmalin ist eine griechische Gemme aus dem 3. Jahrhundert v. Chr., die später als Turmalin bestimmt wurde.

Historisch bedeutend ist ein zentraler, fast 4 cm großer Stein in der Wenzelskrone, der Königskrone des Königreichs Böhmen, der lange Zeit als Rubin angesehen und erst 1998 als roter Turmalin bestimmt wurde. Ebenso stellte sich der „Große Rubin“ in einem Anhänger, den 1786 König Gustav III von Schweden der russischen Zarin Katharina der Großen schenkte, als 255 Karat schwerer roter Turmalin heraus.

In der zweiten Hälfte des 19. bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts galten Schnüffel-Flaschen aus rotem Turmalin als besondere Erzeugnisse, die in den USA und China sehr gefragt waren.

Turmalin ist der Stein des Monats Oktober. Er steht für Freundschaft, Gesundheit und Wissen. Grüner Turmalin soll beruhigend wirken, Roter soll leidenschaftlich machen.

Detaillierte Informationen über Turmalin finden sich im gleichnamigen Themenheft der Zeitschrift der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft aus dem Jahr 2016 (Jahrgang 65, Heft 3/4).

 

Autoren:

Dr. Ulrich Henn und Dr. Tom Stephan, DGemG
© 2022

 

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