Blog der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft

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Deutsche Gemmologische Gesellschaft e.V.
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Für alle Beiträge behält sich die Deutsche Gemmologische Gesellschaft (Deutsche Gesellschaft für Edelsteinkunde) e.V. sämtliche Rechte vor, insbesondere die des Nachdrucks, der Übersetzung in andere Sprachen und der photomechanischen Wiedergabe. Die veröffentlichten Beiträge stellen – soweit namentlich bezeichnet – die Auffassung der Autoren dar und geben nicht notwendig die Meinung von Herausgeber und Schriftleitung wieder. (Content of this journal may not be reproduced in any form without the permission of the German Gemmological Association. Opinions expressed do not necessarily reflect the views of the Association.)

Abb. 1: Diese Saphire aus Sri Lanka (erste beiden Reihen) und Myanmar (Burma, untere Reihe) wurden zu Plättchen geschliffen und zersägt. Die jeweils rechte Hälfte wurde erhitzt, wobei die Abbildung die Ergebnisse nach dem letzten Intervall bei 1750°C zeigt.

Die Temperaturbehandlung von Rubinen und Saphiren hat eine lange Tradition und wurde intensiv untersucht. Erste schriftliche Berichte stammen bereits von BHOJARAJAH und AL BERUNI aus dem 11. Jahrhundert n.Chr. (siehe HUGHES, 2017). Der erste Autor, der detaillierte Konzepte zur Temperaturbehandlung publizierte, war KURT NASSAU (1981, 1982, 1984). Auch die Erkennungsmerkmale sind in diversen Artikeln und Büchern beschrieben (u.a. THEMELIS, 1992, HENN & MILISENDA, 2005, HUGHES, 2017, STEPHAN & MÜLLER, 2018, STEPHAN et al., 2018 und THEMELIS, 2018).

Um der Nachfrage der heutigen Edelsteinbranche nach einer eindeutigen und routinierten Erkennung der Temperaturbehandlung von Rubinen und Saphiren gerecht zu werden, und diesbezüglich reproduzierbare Laborstandards zu entwickeln, ist es notwendig eigene Erhitzungsexperimente an ausgewähltem Probenmaterial durchzuführen. Solche Experimente ermöglichen eine klare Dokumentation der möglichen Eigenschaftsveränderungen, insbesondere der Veränderung von Einschlüssen bei verschiedenen Temperaturen.

Dieser Beitrag stellt eine Zusammenfassung der Temperaturbehandlungsexperimente der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft e.V. (DGemG) und Deutschen Stiftung Edelsteinforschung (DSEF) dar, mit besonderem Hinblick auf die temperaturbedingte Veränderung der inneren Merkmale von Rubinen und Saphiren.

DGemG Info Hitzebehandlung Korund Seite 02 Bild 0001Abb. 2: Links: Blick in den elektrischen Hochofen, der für diese Arbeit verwendet wurde. Rechts: Proben direkt nach der Entnahme aus dem Ofen.

 

Probenmaterial

Um verlässliche Ergebnisse zu erzielen, ist es äußerst wichtig mit Proben zu arbeiten, welche definitiv niemals erhitzt wurden. Die Proben für diese Arbeit wurden den Referenzsammlungen der DGemG und DSEF entnommen. Sie wurden während verschiedener Exkursionen in den letzten Jahrzenten nach (unter anderem) Myanmar, Vietnam, Thailand, Tansania, Mosambik und Madagaskar gesammelt. Die Proben wurden aus zweierlei Gründen ausgewählt: Zum einen um die möglichen Farbverbesserungen zu zeigen, zum anderen um eine große Bandbreite an Einschlüssen abzudecken. Für die Erhitzungsexperimente wurden die Proben zu Plättchen geschliffen und in zwei Hälften zerschnitten. Eine Hälfte wurde als unbehandelte Referenz aufbewahrt, die andere Hälfte wurde für die Experimente verwendet.

 

Erhitzungsexperimente

Die Proben, die primär zur Demonstration der möglichen Farbverbesserungen ausgewählt wurden, wurden bei 1200°C und 1750°C (Abb. 1) erhitzt. Die Proben zur Demonstration der Einschlussveränderungen wurden in 300°C-Schritten (250°C im letzten Intervall) erhitzt, angefangen bei 600°C.
Alle Proben wurden im Ofen der DGemG erhitzt, einem elektrischen Hochofen der Firma Nabertherm mit MoSi2-Heizelement (Modell LHT 02/18/P470), welcher Temperaturen bis 1850°C ermöglicht (Abb. 2). Bis 1200°C wurden die Proben für eine Stunde bis zur Maximaltemperatur erhitzt, für höhere Temperatur wurden sie für 1,5 Stunden erhitzt. Auf der gewählten Temperaturstufe wurden die Proben für jeweils acht Stunden gehalten. Bis zum Intervall bei 1500°C wurden die Proben direkt im Anschluss aus dem Ofen entnommen, um eine zügige Abkühlung zu gewährleisten. Für das letzte Intervall bei 1750°C wurden sie erst bei 1500°C entnommen.
Die Experimente wurden in oxidierender Atmosphäre durchgeführt, wobei die Proben in Al2O3-Keramik Tiegeln platziert wurden. Nach jedem Intervall wurden makro- und mikroskopische Fotos aufgenommen, sowie unter lang- und kurzwelligem UV-Licht. Weiterhin wurden jeweils UV/Vis/NIR- und FTIR-Spektren gemessen, sowie die Ramanspektren diverser Einschlüsse.

DGemG Info Hitzebehandlung Korund Seite 03 Bild 0001Abb. 3: Wechselwirkung der Spurenelemente in Saphiren, welche bei 1750°C und oxidierenden Bedingungen getempert wurden (aus HÄGER, 2018).

 

Farbveränderungen

Vereinfacht wurden zwei Farbveränderungen beobachtet, welche mit dem Diagramm in Abbildung 3 (aus HÄGER, 2018) erklärt werden können. Eisenhaltige Proben, die einen höheren Magnesium- (+ Beryllium-) als Titangehalt besitzen werden gelb aufgrund der Bildung von Defektzentren (Fe-Mg-O). Eisenhaltige Proben mit höherem Titan- als Magnesiumgehalt (+ Beryllium) werden blau aufgrund der Bildung von Fe2+/Ti4+-Paaren. Zusätzlich erwähnt HÄGER (2018), dass Steine mit sehr hohem Eisengehalt durch die Bildung von Fe3+-Paaren gelb, sowie blaue Steine mit hohem Eisengehalt grün werden können.

Das Diagramm in Abbildung 3 stellt die möglichen Veränderungen bei 1750°C und oxidierenden Bedingungen dar. Nicht berücksichtig ist hierbei ein möglicher Siliziumgehalt (siehe EMMET et al., 2017).

In unseren Experimenten wurden folgende Farbveränderungen beobachtet: die gelbe Farbe von farblosen bis blass gelben Steinen mit Eisen- und Magnesiumgehalten wurde ab dem Intervall bei 600°C intensiviert (Abb. 1, zweite Reihe und Abb. 4). Spektroskopisch wurde eine Intensivierung der Defektzentren beobachtet. Mit steigenden Temperaturen konnte die gelbe Farbe weiter verstärkt werden. In Proben mit zusätzlichen Titangehalten nahm die Farbintensität ab 1200°C wieder leicht ab. Zusätzlich wurden Steine mit hohen Eisengehalten ab 1500°C bläulich, durch die Bildung von Fe2+/Fe3+-Paaren (Abb. 4 und 5).

Blaue, durch Fe2+/Ti4+-Paare gefärbte Saphire wurden blasser ab dem Intervall bei 900°C. Bei Temperaturen über 1200°C wurden die Farben wieder intensiver, aufgrund der Neubildung von Fe2+/Ti4+-Paaren. In Proben mit hohen Eisengehalten wurde die blaue Farbe ab 1500°C weiter intensiviert aufgrund der Bildung von Fe2+/Fe3+-Paaren (Abb. 4 und 5).

DGemG Info Hitzebehandlung Korund Seite 04 Bild 0001Abb. 4: Exemplarische Darstellung der beobachteten Veränderungen. Die Bilder wurden im Durchlicht (D65) aufgenommen. Probenherkunft: erste Reihe: Tansania, zweite und dritte Reihe: Madagaskar, vierte Reihe: Myanmar (Burma).

In pinkfarbigen bis roten Proben wurden die gleichen Farbveränderungen beobachtet: Die durch Cr3+-bedingte pinke bis rote Farbe änderte sich gar nicht, jedoch wurden Steine mit zusätzlichen Eisen- und Magnesiumgehalten zwischen 600-900°C leicht bräunlich. In Steinen mit blauen Farbzonen konnten diese bei 900°C entfernt werden. Bei Temperaturen über 1200°C wurden die blauen Farbzonen wiederum intensiviert (Abb. 4 und 5).

In eisenhaltigen Proben, in denen der Magnesiumgehalt (+ Beryllium) gleich dem Titangehalt ist, werden sich beide ausgleichen und die Proben werden farblos (Abb. 1, zweite Reihe, dritter Stein).

DGemG Info Hitzebehandlung Korund Seite 04 Bild 0002Abb. 5: Die beobachteten Farbveränderungen in einem blauen basaltischen Saphir: während des Intervalls bei 900°C nahm die Intensität der blauen Farbe ab, wohingegen die gelbe Farbe intensiviert wurde. Bei Temperaturen über 1200°C wurde die blaue Farbe wieder intensiviert.

Aus unseren Experimenten können für oxidierende Bedingungen folgende Farbveränderungen zusammengefasst werden: gelbe Farben können ab 600°C intensiviert werden. Zwischen 900 und 1200°C können blaue Farben entfernt bzw. abgeschwächt und bei Temperaturen höher als 1200°C wieder verstärkt werden.

Neben den Farbveränderungen konnte auch die Transparenz mancher Proben durch das Auflösen staubartiger Partikel verbessert werden. Beispielsweise kann Rutil bei Temperaturen über 1200°C (Abb. 4, untere Reihe) und rascher Abkühlung aufgelöst werden. Bei langsamer Abkühlungsrate würden sich wieder Rutilnadeln bilden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die in Abbildung 4 gezeigte Probe aus Myanmar (Burma) sehr niedrige Eisengehalte besitzt. Bei höheren Fe-Gehalten wäre sie violett geworden.

 

Einschlüsse

Da sich Einschlüsse bei unterschiedlichen Temperaturen verändern, abhängig von ihrer jeweiligen Identität, war ein wichtiges Ziel unserer Experimente herauszufinden bei welchen Temperaturintervallen diagnostische Veränderungen stattfinden. Viele dieser Veränderungen konnten durch spektroskopische Methoden (FTIR- und Ramanspektroskopie) schon beobachtet werden, bevor diagnostische mikroskopische Veränderungen stattfanden.

DGemG Info Hitzebehandlung Korund Seite 05 Bild 0001Abb. 6: Veränderung der sekundären Eisenhydroxide. Bei 600°C wandelten sich die Hydroxide in Eisenoxide (Hämatit) um, wobei ihre Farbe von gelblich-orange zu orange-rot wechselte. Bei 900°C lösten sich die Fe-Oxide beinahe gänzlich auf.

DGemG Info Hitzebehandlung Korund Seite 05 Bild 0002Abb. 7: Dieser metallische Mineraleinschluss formte während des Intervalls bei 600°C einen Sprengriss. Während des Intervalls bei 900°C dehnte sich der Einschluss noch stärker aus, wodurch ein oberflächenoffener Ausbruch gebildet wurde. Zu beachten sei der schwächere Glanz des Einschlusses aufgrund der angeschmolzenen Oberfläche.

Bereits nach dem ersten Intervall bei 600°C bildeten sich die ersten Risse, insbesondere um Mineraleinschlüsse herum. Diese Risse jedoch waren in den meisten Fällen nicht diagnostisch. Ebenfalls bei niedrigen Temperaturen wurde die Veränderung von sekundären Eisenhydroxiden („natural staining“) in oberflächenoffenen Rissen beobachtet. Die Eisenhydroxide in Rissen in unseren Proben wandelten sich bereits beim ersten Intervall bei 600°C zu Eisenoxiden um. Mikroskopisch veränderte sich hierbei die Farbe von gelblich-orange (vorher) zu orange-rot (nachher). Bei höheren Temperaturen (900-1200°C) wurden sie teilweise schwarz und verschwanden dann vollständig (Abb. 6). Diese Veränderung konnten auch mittels FTIR- und Ramanspektroskopie nachgewiesen werden.

Ebenfalls als sehr sensitiv für niedrige Temperaturen stellten sich die metallischen Einschlüsse in verschiedenen Proben heraus. Metallische Mineraleinschlüsse können mittels Ramanspektroskopie oftmals nicht eindeutig bestimmt werden, weshalb sie zu verschiedenen Mineralarten gehören können (z.B. Chalkopyrit, Pyrrhotin, etc.). Mikroskopisch sind diese Einschlüsse üblicherweise opak und bräunlich bis schwarz, mit einem starken metallischen Glanz. All die metallischen Einschlüsse in unseren Proben veränderten sich bereits zwischen 600-900°C. Diagnostische Veränderungen ergaben sich durch die Bildung von Sprengrissen und die Abnahme des Glanzes aufgrund angeschmolzener Oberflächen (Abb. 7).

DGemG Info Hitzebehandlung Korund Seite 06 Bild 0001Abb. 8: Veränderung eines Amphiboleinschlusses: bei 900°C veränderte sich die Farbe zu braun, bei 1200°C wurde der Einschluss schwarz und opak. Bei 1500°C schmolz der Einschluss gänzlich, wodurch eine glasige Substanz entstand, die einem großen „Zweiphaseneinschluss“ ähnelt.

Die typischen Veränderungen von Mineraleinschlüssen sind am Beispiel eines Amphiboleinschlusses, wie beispielsweise in Rubinen aus Mosambik häufig beobachtet, gezeigt (Abb. 8). Die ersten sichtbaren Veränderungen ergaben sich nach dem Intervall bei 900°C, wobei sich die Farbe des Einschlusses von einem blassen Grün zu einem intensiven Braun veränderte. Diese Veränderung wurde ebenfalls spektroskopisch nachgewiesen: Mittels Ramanspektroskopie konnte der Amphiboleinschluss als Aktinolith bestimmt werden. Nach dem Intervall bei 900°C jedoch konnte kein Signal mehr aufgezeichnet werden. Bei 1200°C zersetzte sich der Einschluss vollständig, wobei er opak und schwarz wurde. Aufgrund diffuser Reflektion an der angeschmolzenen, nun unregelmäßigen Oberfläche sah der Amphiboleinschluss nach diesem Intervall im Auflicht weißlich aus und erinnerte somit an einen „Schneeball“. Während des Intervalls bei 1500°C schmolz der Einschluss letztendlich vollständig auf, wobei ein Teil der Schmelze in den bei 900°C geformten Riss floss. Beobachtungen wie diese sind extrem hilfreich, da sich für Steine mit bekannten Einschlüssen hierdurch Temperaturlimits festlegen lassen, bis zu welchen sie maximal erhitzt worden sein könnten.

Wenn ein Mineraleinschluss während der Behandlung schmilzt und der Stein im Anschluss rasch abkühlt, dann hat die Schmelze in dem Hohlraum, welchen der Mineraleinschluss vormals ausgefüllt hat, keine Zeit zu re-kristallisieren. Somit erstarrt die Schmelze zu einer glasartigen Substanz mit geringerem Volumen im Vergleich zum ursprünglichen Einschluss, wodurch der Einschluss dann einem großen „Zweiphaseneinschluss“ ähnelt.

DGemG Info Hitzebehandlung Korund Seite 07 Bild 0001Abb. 9: Rutilnadeln bleiben bis 1200°C intakt. Erst bei höheren Temperaturen lösen sie sich auf, vorausgesetzt der Stein wird rasch abgekühlt.

DGemG Info Hitzebehandlung Korund Seite 07 Bild 0002Abb. 10: Der Granateinschluss in der oberen Reihe schmolz bereits bei 1200°C, wobei ein großer Sprengriss gebildet wurde. Bei höheren Temperaturen floss die Schmelze in den Sprengriss und heilte diesen wieder aus. Die Zirkoneinschlüsse in der unteren Reihe hingegen blieben bis zum Intervall bei 1500°C intakt und schmolzen erst bei 1750°C.

Wie vorangehend beschrieben ist es sehr wichtig zu berücksichtigen, dass die in Abbildung 8 exemplarisch gezeigten Veränderungen bei verschiedenen Einschlusstypen bei unterschiedlichen Temperaturen stattfinden. Ein klassisches Beispiel ist das Auflösen von Rutilnadeln, welche bis 1200°C intakt bleiben und sich erst bei höheren Temperaturen auflösen, vorausgesetzt der Stein kühlt rasch ab (Abb. 9).

Ein direkter Vergleich zwischen zwei Mineraleinschlüssen ist in Abbildung 10 am Beispiel von Granat- und Zirkoneinschlüssen gezeigt. Der Granateinschluss schmolz bereits bei 1200°C und formte einen großen Sprengriss. Dieser Sprengriss begann bei 1500°C auszuheilen, nach dem Intervall bei 1750°C war er vollständig ausgeheilt. Im Vergleich hierzu konnten anhand der Zirkoneinschlüsse bis zum Intervall von 1500°C keine diagnostischen mikroskopischen Veränderungen beobachtet werden, bei welchem einige schmolzen. Die meisten Zirkoneinschlüsse schmolzen sogar erst beim letzten Intervall bei 1750°C. Auch wenn Zirkoneinschlüsse zur Gruppe der Mineraleinschlüsse gehören, welche (mikoskopisch) den höchsten Temperaturen standhalten, so sind sie auch ein klassisches Beispiel für die Vorteile,die weiterführende Geräte mit sich bringen: Viele Zirkoneinschlüsse sind, aufgrund ihrer natürlichen Radioaktivität, metamikt. Ihre Ramanspektren zeigen (Abb. 11) breite Phonenbanden. Mit steigender Temperatur werden diese Banden schmalbandiger und ihre Halbwertsbreite (full width at half maximum, FWHM) kann als Nachweis der Temperaturbehandlung verwendet werden. Wenn die Zirkoneinschlüsse aufschmelzen, dann wandeln sie sich zu Baddeleyit um, was ebenfalls spektroskopisch nachweisbar ist.

DGemG Info Hitzebehandlung Korund Seite 08 Bild 0001Abb. 11: Diese Ramanspektren wurden an einem der Zirkoneinschlüsse aus Abbildung 10 aufgenommen. Auch wenn bis zum Intervall bei 1750°C keine mikroskopische Veränderung beobachtet wurde, konnten die ersten spektroskopischen Veränderungen bereits bei 900°C detektiert werden.

 

Große Flüssigkeitseinschlüsse verhalten sich wie Mineraleinschlüsse: ab einer bestimmten Temperatur formen sie Sprengrisse, welche oftmals durch die Flüssigkeit selbst ausgeheilt werden, wobei ein leerer Hohlraum mit glasiger, unregelmäßiger Oberfläche zurückbleibt. Kleine Flüssigkeitseinschlüsse verändern sich oftmals gar nicht, könnten jedoch rundlich oder glasig werden (siehe HUGHES & PERKINS, 2019). In unseren Proben beobachteten wir dieses Verhalten insbesondere in re-kristallisierten Rissen um geschmolzene Mineraleinschlüsse herum beobachtet (Abb. 12).

 

DGemG Info Hitzebehandlung Korund Seite 09 Bild 0001Abb. 12: Die meisten kleineren Flüssigkeitseinschlüsse veränderten sich bei unseren Experimenten nicht, wie beispielsweise im Heilungsriss in der unteren Reihe beobachtet. Re-Kristallisation fand insbesondere in neu geformten Sprengrissen um geschmolzene Mineraleinschlüsse herum statt, wobei fingerabdruckartige Heilungsrisse mit „glasigem“ Erscheinungsbild gebildet wurden. Diese ähneln stark den re-kristallisierten Rissen in boraxbehandelten Korunden.

 

Fluoreszenz

Die kreidige Fluoreszenz im kurzwelligen UV mancher erhitzter Rubine und Saphire mit niedrigen Eisengehalten ist ein weiteres wichtiges Merkmal um die Temperaturbehandlung nachzuweisen (HUGHES, 2017). In unseren Experimenten beobachteten wir die kreidig blaue Fluoreszenz insbesondere in Rubinen aus Myanmar und Saphiren aus Madagaskar, jeweils mit niedrigen Eisen- und hohen Titangehalten (Abb. 13). Erstmals beobachtet wurde die kreidig blaue Fluoreszenz nach dem Intervall bei 1200°C, wobei sie mit steigender Temperatur stärker wurde.

DGemG Info Hitzebehandlung Korund Seite 10 Bild 0001Abb. 13: In Proben mit niedrigem Eisen- und hohem Titangehalt konnte nach dem Intervall bei 1200°C eine kreidig blaue Fluoreszenz unter kurzwelligem UV-Licht beobachtet werden. Mit steigender Temperatur nahm die Intensität dieser Fluoreszenz weiter zu.

 

Einschränkungen

Im vorliegenden Artikel werden die Einschränkungen beim Nachweis der Temperaturbehandlung nicht im Detail abgedeckt. Wie vorangehend angesprochen, ergeben sich mikroskopische Nachweismöglichkeiten nur wenn ein Einschluss eine diagnostische Veränderung durchlaufen ist. Ein intakter Einschluss ist bedeutungslos, wenn seine eindeutige Identität nicht bekannt ist. Neben der Beobachtung diagnostischer Veränderungen können unter Verwendung weiterführender Methoden Maximaltemperaturen definiert werden, zu welchen ein Stein erhitzt worden sein könnte, indem durch Experimente wie unsere die Schmelz- bzw. Zersetzungstemperaturen der häufigeren Einschlüsse bestimmt werden. Jedoch sind auch die weiterführenden Methoden durch den Umstand limitiert, dass eine charakteristische Veränderung stattgefunden haben muss. Beispielsweise konnten für den in Abbildung 4 gezeigten gelben Saphir (ohne Kenntnis des Urzustandes) nach den Intervallen bei 600 und 900°C keine diagnostischen Veränderungen beobachtet werden.

 

Ausblick

Zurzeit besteht die DGemG „vorher/nachher“-Sammlung aus 67 halbierten Proben. Das Forschungsprojekt wird mit speziellem Fokus auf spektroskopische Veränderungen fortgeführt und die Sammlung wird fortwährend erweitert.

 

Autoren

Tom Stephan, M.Sc., FGG, EG, DGemG, Stefan Müller, M.Sc. & Benjamin Huaysan, M.Sc., DSEF
© 2020

 

Literatur

EMMET, J. L., DUBINSKY, E. V., HUGHES, R. W. & SCARRATT, K. (2017): Color, Spectra & Luminescence.-

in: Ruby & Sapphire - a gemmologist’s guide.

GÜBELIN, E. J. & KOIVULA, J. J. (2008): Photoatlas of Inclusions in Gemstones, Volume 3.- Opinio Publishers, Basel, Schweiz.

HÄGER, T. (2018): Temperaturbehandlung von Korund.- Z. Dt. Gemmol. Ges. 67, 3/4, 11-20. HUGHES, R. W. (2017): Ruby & Sapphire - a gemmologist’s guide.- RWH Publishing/Lotus Publishing, 1st ed., printed in Thailand.

HUGHES, E. B. & PERKINS, R. (2019): Madagascar sapphire: low-temperature heat treatment experiments.- Gems & Gemol. 55, 2, 184-197.

NASSAU, K. (1981): Heat treating Ruby and Sapphire: Technical Aspects.- Gems & Gemol. 17, 121-131.

NASSAU, K. (1981): Comment on „Heat Treating Corundum“.- Gems & Gemol. 23, 222-231. NASSAU, K. (1984): Gemstone enhancement.- Buttworths, London.

STEPHAN, T., MILISENDA, C. C. & MÜLLER, S. (2018): Untersuchungen an Rubinen und pinkfarbigen Saphiren aus Montepuez, Mosambik.- Z. Dt. Gemmol. Ges. 67, 1/2, 11-28.

STEPHAN, T. & MÜLLER, S. (2018): Nachweis der Temperaturbehandlung von Korund.- Z. Dt. Gemmol. Ges. 67, 3/4, 21-36.

THEMELIS, T. (1992): The heat treatment of ruby and sapphire.- Gemlab Inc.

THEMELIS, T. (2018): The heat treatment of Ruby and Sapphire - Experiments & Observations.- 3rd ed., Vol. 1, self-published.

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