Kürzlich haben die Autorinnen einen Cabochon von 17,20 ct erhalten, der eine auffallend verschwommene, ungleichmäßige Farbverteilung aufweist (Abb. 1). Der grünlich-blaue, ovale Cabochon mit den Maßen 17,36 x 13,82 x 9,91 mm weist einen ungefähren Brechungsindex von 1,572 auf (Spot-Methode), gemessen wurde mit einem gemmologischen Standard-Refraktometer. Die Prüfung mit der hydrostatischen Waage ergab eine Dichte von 2,60 g/cm3. Die gemessenen Spektren im ultravioletten/sichtbaren/nahen Infrarotbereich (UV-Vis-NIR, GL Gem Spectrometer) stimmten mit denen von natürlichem Beryll überein, mit einem für Aquamarin typischen Absorptionsspektrum. Die Identität als Aquamarin konnte auch durch Raman-Spektroskopie (Magi GemmoRaman mit 532nm Laser) bestätigt werden, wenngleich die für Aquamarin untypische Farbe, sowie die verschwommene Farbverteilung weitere Untersuchungen erforderte.
Die Betrachtung mit einem gemmologischen Standardmikroskop zeigte deutlich erkennbare blaue, rosa und gelbe Flash-Effekte sowie Gasblasen entlang von Rissen im gesamten Stein (Abb. 2). Bei der Prüfung mit langwelligem (356 nm) und kurzwelligem (254 nm) UV-Licht wurde eine netzartig ausgebildete, blaue Fluoreszenz entlang der Risse sichtbar, wobei die Fluoreszenz bei langwelligem UV-Licht stärker war (Abb. 3). Die genannten visuell feststellbaren Eigenschaften weisen auf eine Reinheitsverbesserung hin. Hinzu kommt das eher niedrige spezifische Gewicht von 2,60 (die übliche Dichte für Aquamarin liegt etwa bei 2,70, siehe Stephan et al. 2019) als weiteres Indiz für eine Rissfüllung mit einem Kunstharz (vgl. Stephan et al. 2019, Cao et al. 2023). Die Raman-Spektroskopie bestätigte das Vorhandensein von Kunstharz bei einer Messung in rissigeren Bereichen der Oberfläche (Abb. 4). Reinheitsverbesserte und kunstharzgefüllte Aquamarine wurden auch von Li et al. 2009, Stephan 2019, Stephan et al. 2019, Jia et al. 2021, Zhu et al. 2021 und Cao et al. 2023 beschrieben.
Aufgrund des hohen Anteils an Kunstharz sollte dieser Aquamarin-Cabochon korrekterweise als stabilisiert bezeichnet werden. Die ungewöhnliche Farbe entsteht durch die Kombination aus der eigentlichen Aquamarin-Farbe, sowie dem Einfluss der starken Flash-Effekte.
Literatur
Cao, N., Chen, T., Zheng, J., Chen, X., Zhuang, Y. & Wang, Z. (2023): Identification Method of Glue-Filled Aquamarine.- Journal of Gems & Gemmology 25, 1, 45-51.
Jia, Q., Li, G., Li, X., Xiao, Y., Wang, H. & Luo, J. (2021): Characteristic and Identification of Bleached and Filled Aquamarine.- Journal of Gems & Gemmology 23, 5, 43-50.
Li, J., Sun, Y., Hao, W., Luo, H., Cheng, Y., Liu, H., Liu, Y., Ye, H. & Fan, C. (2009): Polymer-Filled Aquamarine.- Gems & Gemol. 45, 3, 197-199.
Stephan, M. (2019): Resin-Coated and Clarity-Enhanced Aquamarine Pendant. Gems & Gemology 55, 2, 246-247.
Stephan, T., Milisenda, C. C., Müller, S. & Huaysan, B. (2019): Ungewöhnliche Behandlungen – Stabilisierte Aquamarine und gefärbte Feldspäte. Z. Dt. Gemmol. Ges. 68, 3/4, 61-62.
Zhu, H., Zhao, X., Li, T., Sun, B. & Chen, S. (2021): Study on gemological characteristics of a filled aquamarine ring stone.- Superhard Material Engineering 33, 3, 46-50.
Autorinnen:
Christine Lucia Matter, FGG und Qi Wang, FGG, EG, DGemG
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