Die Bestimmung von Diamant und folglich Unterscheidung von Imitationen erfolgt routinemäßig in der Regel sowohl bei losen als auch bei in Schmuckstücken gefassten Steinen mit Hilfe spezieller Testgeräte (Diamanttester). Es empfiehlt sich hierfür die Verwendung von Geräten, die sowohl die Wärme- als auch elektrische Leitfähigkeit messen und somit die heute gängigen Imitationen bestimmen können.
Aus der täglichen Untersuchungspraxis ist bekannt, dass die Testergebnisse dieser speziellen Geräte nicht immer eindeutig sind, was auf mögliche Politurmängel oder Verschmutzung der Steinoberfläche zurückzuführen sind. Zudem können bei relativ kleinen Steinen, speziell wenn sie in einem Schmuckstück gefasst sind, Probleme bei der Messung auftreten, die zu nicht korrekten Ergebnissen führen können.
In der letzten Zeit erhielten wir mehrfach Hinweise von Mitgliedern, dass bei der Verwendung von Diamanttestern synthetische Moissanite (Siliziumcarbid) nicht als solche angezeigt wurden, sondern als „Diamant“.
Hierfür gibt es mehrere Ursachen. Einerseits können die oben erwähnten Probleme zu einem falschen Messergebnis geführt haben, andererseits können spezifische Besonderheiten in der chemischen Zusammensetzung des synthetischen Moissanits vorhanden sein, die die elektrische Leitfähigkeit des jeweiligen Materials z.T. deutlich verändern können.
Durch Dotierung mit speziellen chemischen Elementen können die Halbleiter-Eigenschaften von Siliziumcarbid je nach technischer Verwendung deutlich beeinflusst werden. Ein partieller Ersatz des vierwertigen Siliziums durch dreiwertiges Aluminium oder Bor erhöht die Halbleiter-Eigenschaften, Dotierungen mit fünfwertigem Stickstoff oder Phosphor vermindert die Leitfähigkeit.
Bekanntlich basiert die Unterscheidung zwischen Diamant und synthetischem Moissanit bei Verwendung moderner Diamanttester auf der Messung der elektrischen Leitfähigkeit, d.h. dem Nachweis der Halbleiter-Eigenschaften von Siliziumcarbid. Diamant ist in den allermeisten Fällen ein Isolator, Ausnahme bilden die sehr seltenen borhaltigen Typ IIb-Diamanten.
Für eine einwandfreie Bestimmung ist es daher zwingend notwendig, weitere Tests durchzuführen. Bei der routinemäßigen Untersuchung loser oder in Schmuckstücken gefasster Steine empfiehlt sich die Standard-Lupe (10x), mit der u.a. Facettenkantenverdopplung, spezifische Einschlussmerkmale oder Beschaffenheit der Facettenkanten festgestellt werden können. Diagnostische Einschlüsse in synthetischem Moissanit sind feine, weiße Nadeln, die bei seitlicher Beleuchtung oder im Dunkelfeld mit Lupe oder Mikroskop erkennbar sind.
Einen weiteren Hinweis kann die Bestimmung der Lichtbrechung mit Hilfe eines sogenannten Digital-Refraktometers liefern. Bei dem Messgerät handelt es sich um ein Reflektometer, d.h. es wird das Reflexionsvermögen gemessen und durch Umrechnung als Lichtbrechungswert angegeben. Reflexionsvermögen und Lichtbrechung sind direkt proportional und können nach der Fresnel´schen Gleichung umgerechnet werden. Die Messung des Reflexionsvermögens an der Oberfläche des Steins ist aber ebenfalls von der Beschaffenheit der Messflächen abhängig, speziell von der Politur und möglichen Verschmutzungen. Aber auch eine nicht zentrische Positionierung des Steins auf der Messöffnung kann deutliche Abweichungen und somit Messfehler verursachen.
Bei losen Steinen empfiehlt sich die Messung der Dichte. Dies kann durch Messung mit einer hydrostatischen Waage erfolgen, aber auch rechnerisch bei Brillantschliffen mit Hilfe der Scharffenberg-Formel.
Tabelle 1: Lichtbrechung und Dichte von Diamant und synthetischem Moissanit:
Diamant | Synthetischer Moissanit | |
Lichtbrechung | n = 2,417 | no=2,648 ne=2,691 ungefährer Wert auf dem Reflektometer („Digital-Refraktometer“): 2,648 |
Dichte | D = 3,52 g/cm3 | D = 3,22 g/cm3 |
Im Labor kann bei geeigneter instrumenteller Ausrüstung auch z.B. die Ramanspektroskopie eine eindeutige Identifizierung gewährleisten.
Besondere Vorsicht ist bei in Plastik-Chips („Blister“) eingeschweißten Steinen notwendig. Ohne den Plastik-Chip zu öffnen und den Stein zu entnehmen ist eine Echtheitsprüfung in der Regel nicht möglich.
Ein besonderer Fall ist jedoch erwähnenswert. Angeboten wurden angebliche Diamanten im Brillantschliff, eingeschweißt in einen Plastik-Chip mit Identitäts- und Graduierungsangaben in englischer Sprache und beiliegendem Zertifikat, ebenfalls in englischer Sprache, das auf den ersten Blick international und seriös erschien. Es fehlten jedoch genauere Angaben bezüglich des Labors.
Als „besonderer Service“ war in der Plastikummantelung direkt oberhalb der Tafel des eingeschweißten Steins ein Loch belassen, dessen Umfang groß genug war, um mit der Messspitze des Diamanttesters die Tafel des Steins zu erreichen und eine Messung durchführen zu können. Diese ergab bei mehrmaligem Messen immer Diamant.
Bei weiterer Untersuchung mit der Lupe zeigte der eingeschweißte Stein jedoch Merkmale, die einen Diamanten ausschlossen, und zwar eine deutliche Verdopplung der Facettenkanten und somit Doppelbrechung. Weiterhin konnten weiße nadelige Einschlüsse beobachtet werden, was auf einen synthetischen Moissanit schließen lässt. Nachdem der Stein aus dem Plastik-Chip genommen worden war, konnte die Identität eines synthetischen Moissanits durch die Dichte-Messung bestätigt werden.
Ursache für das falsche Testresultat ist die Tatsache, dass die notwendige Messung der elektrischen Leitfähigkeit nicht erfolgen kann, da der Stein in Plastik eingebettet ist und keinen Metallkontakt besitzt, der für einen notwendigen Stromkreis erforderlich ist. Folglich kann nur die Wärmeleitfähigkeit gemessen werden und die kann bei den gängigen Testgeräten nicht zwischen Diamant und synthetischem Moissanit unterscheiden.
Autor
Dr. Ulrich Henn, DGemG
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