Blog der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft

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Deutsche Gemmologische Gesellschaft e.V.
Prof.-Schlossmacher-Str. 1
D-55743 Idar-Oberstein

 

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Für alle Beiträge behält sich die Deutsche Gemmologische Gesellschaft (Deutsche Gesellschaft für Edelsteinkunde) e.V. sämtliche Rechte vor, insbesondere die des Nachdrucks, der Übersetzung in andere Sprachen und der photomechanischen Wiedergabe. Die veröffentlichten Beiträge stellen – soweit namentlich bezeichnet – die Auffassung der Autoren dar und geben nicht notwendig die Meinung von Herausgeber und Schriftleitung wieder. (Content of this journal may not be reproduced in any form without the permission of the German Gemmological Association. Opinions expressed do not necessarily reflect the views of the Association.)

Abb. 1: Ein Chrom-Turmalin von 3,47 ct. Foto: T. Stephan, DGemG.

Neben den im letzten Blogbeitrag dieser Rubrik beschriebenen klassischen grünen, roten und blauen Turmalinen sind es außergewöhnliche Raritäten, die die Bedeutung und Beliebtheit dieser farbenreichen Edelsteingruppe prägen.

Seit den 1970er Jahren sind sogenannte Chrom-Turmaline aus Tansania im Handel, die die breite Palette grüner Farbtöne durch ein leuchtendes Smaragdgrün erweitern (Abb. 1). Es handelt sich dabei nicht wie bei den klassischen Turmalinen um Elbaite, sondern um Mischkristalle der Dravit-Uvit-Reihe, die ihre besondere Farbe jedoch nicht dem Chrom, sondern Vanadium verdanken. Ursprünglich war man der Meinung, dass das farbgebende Element dieser bereits 1953 erstmals erwähnten Turmaline wie bei Smaragden Chrom sei. Detaillierte chemische und spektroskopische Untersuchungen diagnostizierten jedoch Vanadium als das dominante Chromophor dieser attraktiven grünen Turmaline aus Ostafrika.

 

Abb. 3TS Hohlkanäle Topas Katzenaugen x40 Fov5.34mm logo Zeichenfläche 1Abb. 2: Dieser chromgefärbte Turmalin aus Tansania (5,32 ct) zeigt eindrucksvoll das optische Phänomen des Usambara-Effekts. Foto: DGemG.

 

Besondere Raritäten aus Tansania sind grüne Turmaline, die einen Farbwechsel zu rot aufweisen. Es handelt sich dabei jedoch nicht um den klassischen Alexandriteffekt, d.h. einem Farbwechsel bei unterschiedlicher Beleuchtung (Tageslicht/Glühlampenlicht), sondern um eine Änderung der Farbe aufgrund unterschiedlicher Längen des Lichtweges durch den Stein (Dicke des Steins, Abb. 2). Dieses optische Phänomen wird als Usambara-Effekt bezeichnet und tritt bei Turmalinen der Dravit-Uvit-Reihe auf, bei denen, im Gegensatz zu den oben beschrieben smaragdgrünen Steinen, Chrom im Vergleich zu Vanadium dominiert.

Einer der begehrtesten und wertvollsten Turmaline wurde erstmals 1987 im brasilianischen Bundesstaat Paraíba gefunden. Die Entdeckung durch Heitor Dimas Barbosa brachte eine der interessantesten und abenteuerlichsten Geschichten im Bereich der Turmalingruppe hervor. Es begann 1981 in einem alten Erztagebau an dem heute berühmten Turmalinberg Morro Alto mit der Suche nach Edelsteinen durch eine Gruppe von Garimpeiros um Barbosa. Seine Vision war, etwas Besonderes zu finden, was ihm auch den Ehrennamen „Heitor the Fool“ einbrachte. Unter harten Entbehrungen, aber mit großer Ausdauer legten sie Schächte und Stollen an und wurden nach über fünfeinhalb Jahren fündig.

Einer der ersten Steine kam 1987 nach Idar-Oberstein und der Erstautor erinnert sich noch gut daran, wie der damalige DGemG-Präsident Prof. Dr. Hermann Bank ihm einen facettierten, leuchtend blauen Stein mit der Frage zeigte: „Was meinst Du, was das ist?“ Die gemmologische Untersuchung ergab Turmalin. „Ja, das ist Turmalin“ bestätigte er, „aber eine solche leuchtend blaue Farbe habe ich bei Turmalinen noch nie gesehen“.

 

 Abb. 3TS Hohlkanäle Topas Katzenaugen x40 Fov5.34mm logo Zeichenfläche 1Abb. 3: Diese naturfarbenen Paraíba-Turmaline stammen von der ursprünglichen Fundstelle São José da Batalha bei Salgadinho in Paraíba, Brasilien. 0,5-1,5 ct., Foto: Q. Wang, DGemG.

 

Um näheres über die ungewöhnliche Farbe (Abb. 3 & 4), speziell ihre Ursache zu erfahren, wurden spektroskopische Untersuchungen im Labor der Deutschen Stiftung Edelsteinforschung (DSEF) durchgeführt, die Kupfer und Mangan als Chromophore dieser neuen Turmaline von São José da Batalha bei Salgadinho in Paraíba bestimmten.

Bei den Untersuchungen der ersten Partien wurden auch Brennversuche durchgeführt und dabei festgestellt, dass sich bei etwa 600°C die dunkelblaue Farbe in ein leuchtendes grünblau (türkisfarben) umwandelt. 

Da Kupfer als Farbursache bei natürlichen Turmalinen bis dahin nicht bekannt war, erfolgten in Zusammenarbeit mit dem Institut für Edelsteinforschung an der Universität Mainz detaillierte kristallchemische Untersuchungen, deren Ergebnisse 1990 in der Zeitschrift der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft erstmals publiziert wurden.

 

Abb. 3TS Hohlkanäle Topas Katzenaugen x40 Fov5.34mm logo Zeichenfläche 1Abb. 4: Set von naturfarbenen Paraíba-Turmalinen aus der Fundstelle São José da Batalha bei Salgadinho in Paraíba, Brasilien. Bildbreite ca. 5 cm, Foto: Q. Wang, DGemG.

 

In synthetischen Turmalinen, die hinsichtlich Kristallgröße (1-2 mm) und Qualität für die Schmuckbranche keinerlei Bedeutung besitzen, wurde Kupfer als Dotierungselement bereits 1968 von russischen Kollegen erwähnt.

Berühmt wurde die Batalha Mine 1989, als in einem Pegmatitgang einige Kilogramm feinster Turmaline mit den außergewöhnlichen leuchtend blauen bis türkisblauen Farben (Abb. 5) entdeckt wurden. Weitere Funde erfolgten bis 1992. Ein großer Teil der Rohware wurde von Schleifereien in Idar-Oberstein und Umgebung gekauft und ging geschliffen von dort aus in alle Welt, speziell nach USA und Japan. Danach wurde aufgrund von rechtlichen Streitigkeiten hinsichtlich der Besitzverhältnisse der Mine sowie weiterer Fundstellen in der näheren Umgebung die Produktion geringer. Weitere Einschränkungen der Minenaktivitäten im Batalha-Gebiet erfolgten 2015 durch die brasilianische Regierung aufgrund von illegaler Abbautätigkeit und falsch deklarierter Ausfuhr des Fundmaterials. Heute ist die Gewinnung am Turmalinberg von São José da Batalha fast gänzlich eingestellt, die Batalha-Mine ist geschlossen.

Die Besonderheit der Farbe von Paraíba-Turmalinen ist ihre Leuchtkraft, die in der Branche mit den Qualitätsbegriffen „neon“, „fluorescent“ oder „electric“ unterstrichen wird. Am begehrtesten sind leuchtende Türkistöne mit hoher Sättigung, das sogenannte „swimmingpool-blue“.

 

Abb. 3TS Hohlkanäle Topas Katzenaugen x40 Fov5.34mm logo Zeichenfläche 1Abb. 5: Typische leuchtend blaue bis türkisblaue Farbe der Paraíba-Turmaline aus der Batalha-Mine. Foto: Q. Wang, DGemG.

 

Die Paraíba-Turmalin-führenden Pegmatite erstrecken sich vom Fundgebiet São José da Batalha in Paraíba nach Norden in den angrenzenden Bundesstatt Rio Grande do Norte, wo seit Mitte der 1990er Jahre kupferhaltige Turmaline gewonnen werden, die direkt als Paraíba-Turmaline bezeichnet wurden. Von vier Minen ist aktuell noch eine produktiv. Die Pegmatite in Paraíba und Rio Grande do Norte sind tektonisch stark beansprucht und die Turmalinkristalle daher aufgrund ihrer Sprödigkeit stark zersplittert (Abb. 6). Die Verarbeitung des wenigen aktuellen Materials liefert nur kleine facettierte Steine, deutlich unter 1 Karat Gewicht (Melée-Steine).

 

Abb. 3TS Hohlkanäle Topas Katzenaugen x40 Fov5.34mm logo Zeichenfläche 1Abb. 6: Aufgrund der tektonischen Beanspruchung und ihrer Sprödigkeit sind die brasilianischen Paraíba-Turmalinkristalle stark zersplittert. Bildbreite ca. 8 cm, Foto: DGemG.

 

Im November 2000 kamen violette bis amethystfarbenen, kupfer- und manganhaltige Turmaline aus Nigeria in den Handel, die durch Hitzebehandlung in leuchtende überwiegend aquamarinblaue, vereinzelt aber auch in türkisblaue und smaragdgrüne Farben verändert werden konnten.

Interessanterweise wurden solche violetten Turmaline aus Nigeria bereits 1984 erwähnt, aufgrund der damaligen geringen Bedeutung solcher amethystfarbenen Turmaline für die Schmuckbranche kam jedoch kein Material in die gemmologischen Labors und folglich blieb die ungewöhnliche Farbursache mit Kupfer und Mangan als Chromophore bei natürlich Turmalinen noch unbekannt.

Seit 2006 ist Mosambik der dominierende Lieferant kupferhaltiger Turmaline in einem breiten Farbenspektrum.

Die Bezeichnung Paraíba-Turmalin wird heute als Handelsnamen für grüne bis blaue Turmaline verwendet, deren Farbe auf Kupfer zurückzuführen ist (CIBJO). Für kupferhaltige Turmaline, die nicht dieser Farbreihe angehören, wird im internationalen Handel die Bezeichnung „Cuprian Tourmaline“ (kupferhaltiger Turmalin) verwendet.

Zum anderen wird diese Bezeichnung auch im Allgemeinen für kupferhaltige Turmaline aller Farben verwendet, die nicht aus Brasilien stammen.

Paraíba-Turmaline werden hoch bewertet und erzielen bei feinen Qualitäten Spitzenpreise. Beispielsweise wurde 2018 bei Christies´s Ohrschmuck mit zwei Paraíba-Turmalinen im Tropfenschliff mit einem Gewicht von 7,46 und 6,81 ct für 2,8 Mio US$ versteigert. Einer der größten geschliffenen Steine (nicht erhitzt) wiegt 100,59 ct und wurde aus einem Rohkristall von 262 ct geschliffen.

Der größte Paraíba-Turmalin, gelistet im Guinness-Buch der Rekorde, besitzt ein Gewicht von 196,17 ct und wurde von Tom Munsteiner aus Stipshausen bei Idar-Oberstein geschliffen. Der zart-blau-grüne Edelstein ist nach dem griechischen Gott des Lichts benannt und trägt den Namen „Apollo“.

 

Abb. 3TS Hohlkanäle Topas Katzenaugen x40 Fov5.34mm logo Zeichenfläche 1Abb. 7: Leuchtend gelber Canary-Turmalin. 0,49 ct, Foto: T. Stephan, DGemG.

 

Im Jahr 2000 wurden leuchtend gelbe, sogenannte Canary-Turmaline als „Neuentdeckung“ im Edelsteinhandel angeboten (Abb. 7). Es handelt sich um Material aus Sambia dessen außergewöhnliche Farbe als „electric yellow“ bezeichnet und durch Mangan und Titan verursacht wird.

Interessant ist, dass diese Turmaline schon 1983 als Tsilaisite beschrieben wurden, die jedoch eine weniger attraktive braungelbe Färbung besaßen. Durch thermische Behandlung kann die störende Brauntönung entfernt und eine leuchtend gelbe Farbe erzeugt werden, was seit Anfang der 2000er Jahre durchgeführt wird.

 

Autoren:

Dr. Ulrich Henn und Dr. Tom Stephan, DGemG
© 2023

 

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