Der klassische Granat ist der rote Granat, der schon seit dem Altertum zu Schmuckzwecken verwendet wird (mehr Informationen...). Über das 20. Jahrhundert jedoch wurden mehrere Edelsteine in der Granatgruppe populär, unter ihnen der Rhodolith und der Mandarin-Granat. 1898 entdeckten die amerikanischen Mineralogen William Earl Hidden und J. H. Pratt in Macon County, North Carolina leuchtend rosarote bis blassviolette Granate, denen sie den Varietätsnamen Rhodolith gaben, nach dem griechischen rhodon = Rose und lithos = Stein. Im Englischen werden diese gelegentlich auch als „Rose Garnet“ bezeichnet. Es handelt sich dabei, wie bei den roten Granaten, um Pyrop-Almandin-Mischkristalle, deren Farbe jedoch eine deutliche Rosa- oder Pinkkomponente aufweisen, mit einer hohen Transparenz.
Das Vorkommen in North Carolina lieferte keine großen Mengen des neuen Granates, weshalb dieser im Schmuckhandel lange eher als Sammlerstein galt. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden weitere Vorkommen entdeckt, die Granate vergleichbarer Farbe und Transparenz lieferten. Seit den 1970er Jahren ist dadurch eine starke Zunahme der Beliebtheit von Rhodolith (Abb. 1) im Edelstein- und Schmuckhandel zu verzeichnen. Forciert wurde die Bedeutung durch reichhaltige Funde in Tansania (Landaban und Kangala) und Indien (Naktamunda/Orissa). Weitere Vorkommen befinden sich in Sri Lanka, Brasilien, Madagaskar, Mosambik und Malawi. Die Farbpalette reicht von rosarot über rötlich-pink zu purpur und rotviolett, bis hin zu blauviolett. Seit einigen Jahren liefert Mosambik zudem intensiv purpur-, beinahe amethystfarbene Rhodolithe, die im Handel häufig auch als „Royal Purple Garnets“ bezeichnet werden.
Wo die klassischen roten Granate aufgrund ihrer hohen Farbsättigung häufig etwas zu dunkel wirken, bestechen die Rhodolithe dank ihrer geringeren Farbsättigung durch eine hohe Brillanz.
Mit die größten, feinen Rhodolithe stammen aus Tansania, darunter facettierte Steine von über 80 ct. Auch mit die größten Stern-Rhodolithe stammen aus Tansania, zum Teil mit Gewichten von über 15 Karat. Außergewöhnliche Schmuckstücke mit Rhodolith sind bei diversen Auktionen verkauft worden, beispielsweise ein Diamantring mit Rhodolithen für 10.000 US$ sowie ein Collier mit Diamanten und Rhodolithen für über 28.000 Euro.
Abb. 2 (links): Ein Mandarin-Granatkristall im Muttergestein. Bildbreite ca. 10 cm, Foto: DGemG. Abb. 3 (rechts): Ein facettierter Mandarin-Granat aus Nigeria. Sammlung DGemG, Foto T. Stephan
Eine weitere Besonderheit sind orangefarbene Spessartine, die sich seit der Entdeckung eines außergewöhnlichen Vorkommens im Jahr 1992 in Namibia großer Beliebtheit erfreuen. Bekannt sind sie in der Edelstein- und Schmuckbranche unter der Bezeichnung Mandarin-Granat.
Bei Spessartin handelt es sich um den manganhaltigen Granat, der seinen Namen einem Vorkommen im Spessart verdankt. Dort wurden solche Granate 1797 entdeckt, erlangten aber nur bei Sammlern Bedeutung.
Spessartine in Schleifqualität wurden später aus einem Vorkommen in USA bekannt, und zwar aus Ramona County. Steine aus diesem Vorkommen zeigen zum Teil attraktive orange Farben, jedoch entwickelte sich aufgrund der überschaubaren Produktion keine große Nachfrage auf dem internationalen Markt. Spessartine aus anderen Vorkommen, beispielsweise aus Brasilien, besitzen weniger attraktive orange-braune Farben. Dem Spessartin war aus diesen Gründen bis zum Ende des 20. Jahrhunderts nur ein Nischendasein als Edelstein beschieden.
Die Funde im Norden Namibias veränderten die Situation grundlegend. Am Kunene River (Marienfluss), dem Grenzfluss zu Angola, wurden zum Teil große Kristalle gefunden, deren orange Farbe eine außergewöhnliche Leuchtkraft besaßen. Um die Bezeichnung und Vermarktung dieser Steine in der Schmuck- und Edelsteinbranche entbrannte schnell eine Diskussion. Mineralogisch handelte es sich um Spessartine, diese Bezeichnung wurde jedoch bereits für die weniger attraktiven orange-braunen Farben verwendet. Ein erster Vorschlag der Benennung war „Hollandin“, nach dem niederländischen Königshaus, jedoch einigte man sich dann international auf die Bezeichnung „Mandarin“.
Aus den ersten Funden stammt der mit 55,4 ct. wohl größte facettierte namibische Mandarin-Granat, der 1994 im Labor der Deutschen Stiftung Edelsteinforschung (DSEF) in Idar-Oberstein untersucht und zertifiziert wurde. Die Vorkommen in Namibia waren jedoch schon 1998 weitgehend erschöpft und eine Weiterführung der Abbautätigkeit lohnte sich nicht mehr.
Etwa zur gleichen Zeit (1999) wurden Funde von leuchtend-orangefarbenen Granaten in Nigeria gemacht, die die Branche mit den mittlerweile sehr begehrten Mandarin-Granaten beliefern konnten. Im Allgemeinen sind facettiert geschliffene leuchtend-orangefarbige Spessartine guter Reinheit aus Namibia oder Nigeria mit einem Gewicht von über 5 ct. selten, Exemplare von über 10 ct. extrem selten. Ein außergewöhnlich großer facettiert geschliffener Mandarin-Granat mit einem Gewicht von 39,35 ct. befindet sich im Houston Museum of Natural Science.
2007 kamen weitere Funde in Ostafrika, und zwar in der Region Loliondo im Norden von Tansania hinzu und kürzlich (2023) ein weiteres Vorkommen in der Region Longido, ebenfalls in Tansania.
Facettiert geschliffene Steine aus Tansania liegen gewichtsmäßig in der Regel unter 1 ct., größere Steine sind jedoch vereinzelt bekannt. Material geringerer Reinheitsgrade, das zu Cabochons verarbeitet werden kann, ist auch in größeren Dimensionen erhältlich. Große, qualitativ herausragende Mandarin-Granate finden ihren Weg in international renommierte Auktionshäuser und erzielen dort hohe Preise, z.B. ein Stein von 28,24 ct., der einen Verkaufspreis von 65.000 US$ erbracht hat.
Ein bemerkenswertes Schmuckstück ist das „Ramona Orange“-Collier aus der Michael Scott Collection mit 165 ct. orangefarbigem Spessartin und 11 ct. Diamanten.
Autoren
Dr. Ulrich Henn, Dr. Tom Stephan & Dr. Thomas Lind, DGemG
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